12 Februar 2007

Windelpflicht für Hunde

Jetzt interviewen sich diese Blogger schon gegenseitig – unfassbar! Die Schnapsidee hatte der geschätzte Heidelberger joshuatree, und meine Uneitelkeit reichte nicht aus, dieses Ansinnen – wie es zum Beispiel Mahatma Gandhi getan hätte – sanft lächelnd abzulehnen. Hier also unser kleines Gespräch, welches er mir erlaubt hat nachzubloggen (dann brauche ich heute keine eigene Idee). Sein Vorspann ist natürlich ein anderer, aber der war mir wirklich entschieden zu peinlich, worauf ich stolz bin.

Joshuatree: Matt, Dein erster Blogeintrag stammt vom 15. September 05. Du versprachst damals, „sporadisch“ über das, was auf der Rückseite der Reeperbahn passiert, zu berichten. Deine ersten Einträge zeugen auch eher von einer inneren Ablehnung gegenüber Deiner neuen Heimat. Was brachte Ms. Columbo und Dich dazu, überhaupt dorthin zu ziehen?
Matt: Nun, Gelegenheit macht Diebe! Wir erfuhren privat von der Wohnung und schlugen kurz entschlossen zu. Eine Abneigung gegen St. Pauli hegten wir keineswegs. Nur Respekt, mulmige Gefühle – wie es halt so ist, wenn man kleinbürgerlich christlich erzogen wurde und Vorurteile das Weltbild prägen statt sachliches Wissen.
Joshuatree: Das klingt ein wenig nach Kulturschock. Hat die Reeperbahn Dein Gesellschaftsbild verändert?
Matt: Die Gegend hier nimmt einem jedenfalls Illusionen. Zieht man Touristen und Partyvolk ab, bleiben auf dem Kiez überwiegend Angehörige des Prekariats übrig – und natürlich Ms. Columbo und ich …
Joshuatree: Welche Vorurteile haben sich gehalten, welche haben sich zerschlagen?
Matt: Hm, Vorurteile – die über Luden jedenfalls stimmen alle: Goldkettchen, freigelegtes Brusthaar, anabole Physis, Vokuhila, Ferrari. Ich musste mich schon oft mit großer Willensanstrengung zwingen, in Gegenwart dieser Karikaturen auf zwei Beinen nicht laut loszuprusten. Die Folgen wären ja nicht abschätzbar gewesen. Zerschlagen haben sich die Befürchtungen, hier werde man Dauerkunde beim Weißen Ring. Im Gegenteil: Das Sicherheitsgefühl ist größer als einst im reichen und überwiegend verrenteten Elbvorort Sülldorf. Was vielleicht auch daran liegt, dass damals, als wir dort lebten, der Serienkiller Thomas Holst noch seiner Tätigkeit nachging.
Joshuatree: Über erotische Spielzeuge und Spielarten, die Dir täglich begegnen, schreibst Du oft mit einer inneren Distanz – ja, fast Ablehnung. Schafft die Reeperbahn mit ihrer Omnipräsenz eine plump-plakative Übersättigung der persönlichen Erotik, die leise und persönliche Zwischentöne und Interessen nicht zulässt?
Matt: Irgendwas mache ich falsch, wenn schon zum zweiten Mal in diesem kleinen Interview eine Ablehnung aus meinen Texten herausgelesen wird, die gar nicht da ist. Meine Haltung zum Sex-Overkill, der uns hier umgibt, lässt sich, wenn ich in mich hineinschaue, auf folgenden Nenner bringen: ironische Neugier. Man hat immer was zu gucken und zu grinsen, und das kommt in dieser Form auch vor im Blog. Was ich persönlich davon halte und denke und benutze, hat hier aber nix zu suchen – allein schon aus Rücksicht auf eine beteiligte Person, die darüber nicht amüsiert wäre …
Joshuatree: … und was ich sehr gut verstehe. In welche Richtung wird sich das Bloggen generell in Deinen Augen entwickeln?
Matt: Generell? Keine Ahnung. Ich weiß ja nicht einmal, wo sich mein eigenes Bloggen hinentwickeln wird. Es fällt jedenfalls immer schwerer, unablässig um das ursprünglich definierte Zentrum zu kreisen: St. Pauli. Aber solange das Weitermachen noch leichter ist als das Aufhören, wird tapfer weitergebloggt, über was auch immer.
Joshuatree: Du wirst König von St. Pauli. Welche drei Maßnahmen würdest Du sofort umsetzen?
Matt: Windelpflicht für Hunde, sofortige Zwangsverpflanzung des FC St. Pauli in die erste Liga, empfindliche Bußgelder für Ruppigkeit – und für Wildpinkler vierwöchige Praktika als Toilettenreiniger. Okay, das waren vier. Aber hey: Ich bin der König von St. Pauli!

7 Kommentare:

  1. Auf jeden Fall sehr viel unterhaltsamer als diese lästige Stöckchenschmeißerei, der ich mich eisern widersetze.

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  2. Einen wunderschönen Guten Morgen...

    ..also Herr Wagner, ich finde die Einleitung von joshuatree sollte Ihnen doch nicht peinlich sein ...
    Ein wenig Eitelkeit zum Wochenbeginn, versüßt sie nicht das Montagsdilemma? :D

    Herzliche Montagmorgengrüße
    FranMaBe

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  3. Der gute Mormonenbaum hat schon recht. Das Einzige, was mich stört: warum is'n da gar nix geschwärzt?

    Macht doch optisch viel mehr her, mein ich. ;-)

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  4. Gute Idee, Herr opa!
    Habe mich direkt mal angeschwärzt, äh...das Interview geschwärzt.
    Sieht in der Tat viel besser aus!
    Einen Nachteil gibt es aber: Andere "Heimnetzseiten" sehen jetzt so komisch aus :-(

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  5. Verehrte FranMaBe, Ihren Rat werde ich demnächst einmal beherzigen, vielleicht schon nächsten Montag.

    Lieber Herr Opa, die ganzen schweinischen Stellen hat der prüde Herr Joshuatree schamhaft entfernt. Und ich konnte natürlich nur seine Fassung übernehmen, das gebot der Anstand.

    Ihre geschwärzte Version, Herr oder Frau Bolligru, täte mich interessieren, doch wäre dazu eine ansurffähige URL vonnöten. Ich bitte um Nachreichung.

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  6. Da liegt doch der Hase im Pfeffer begraben lieber Herr Matt. Ich habe keine anus..huch..ansur-/kommunikationsfähige URL. Alles befindet sich nur auf meinem Monitor. Und dann noch in schwarz mit Lösungsmitteln. Die Breite in Millimetern kann ich nur schätzen.

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  7. Ich sage mal, bis auf die Verpflanzung des FC St. Paulis in die erste Liga, absolut geile Forderungen!

    Der Kiezterror

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