24 August 2007

Die Riesenpechsträhne

Heute begegnete ich einem nowitzkiartigen Zweimetermann, den eine dreistufige Pechsträhne im Klammergriff hatte. Genauer gesagt: Ich habe drei Stufen davon mitgekriegt. Vielleicht ging sie ja noch weiter, ich weiß es nicht.

Kommen wir zur Stufe eins. Als ich an der Kasse beim Gemüsehändler Thorsten stehe, hören wir von draußen plötzlich ein vielflaschiges Klirren. Unsere Köpfe rucken herum, und gegenüber, am Eingang vom Sparmarkt, sehe ich besagten Riesen ratlos vor seinem umgekippten Wägelchen stehen, einer Art Pritsche auf vier Rädern mit Zugseil vornedran. Jedenfalls hat das anscheinend selbstkonstruierte Gefährt eine Kiste mit leeren Flaschen verantwortungslos der Schwerkraft überlassen.

Die meisten Buddeln haben das schadlos überstanden, doch eine für den Riesen ärgerliche Anzahl ging bei diesem Missgeschick den Gang alles Irdischen. Nun muss er den Eingang von Scherben säubern, und das dauert.

Nach Erledigung meiner Geschäfte mit Thorsten muss ich selbst noch zum Sparmarkt. Als ich den Laden betrete, hat die Pechsträhne des Riesen gerade die zweite Stufe erreicht. Mit seinem Wägelchen und der Kiste mit den heilgebliebenen Flaschen hängt er nämlich zwischen den zwei automatischen Sperrgittern des Eingangs fest. Die hinter ihm hat sich schon geschlossen, die vor ihm aber verweigerte sich dem eigentlich logischen Öffnen; vielleicht lag es am klobigen Pritschenwagen, der sein Passiertempo entscheidend minderte.

„Könnten Sie vielleicht die Schranke öffnen?“, bittet er mich mit bereits deutlichen Anzeichen vokaler Erschöpfung. Ich wedele vor der Fotozelle herum, doch es tut sich nichts. Noch ein Versuch. Noch einer – und endlich öffnet sich ihm samt Ballast der Weg in den Laden.

Ich folge ihm und suche die vorangegangene Ms. Columbo, schaue hier, schaue da, und irgendwann schaue ich auch noch mal zurück zum Eingang, wo Spar die Getränkerücknahmeautomaten aufgestellt hat – und sehe den Riesen wieder.

Als er heute seine Wohnung verlassen hatte, wollte er einfach nur diesem Automaten sein Leergut übergeben. Doch jetzt – nach dem Schwund vorm Laden und den Problemen beim Betreten desselben – hat das noch immer nicht geklappt; er steht erstaunlich ruhig in einer statischen Pfandflaschenrückgabeschlange, die angeführt wird von einer ratlosen Sparverkäuferin.

Die weißbekittelte Frau drückt ratlos alle möglichen Knöpfe am Automaten und steckt dem Gerät immer wieder eine Flasche in den Schlund, die es aber mit gleichsam hämischer Unermüdlichkeit wieder ausspuckt.

Kein Zweifel: Der Riese steckt tief drin in Phase 3 seiner heutigen Pechsträhne. Letztlich weiß ich natürlich nicht, wie sein Tag weiterging – nur dass Ms. Columbo und ich schließlich an der Spar-Kasse vor ihm stehen und er noch immer eine Ruhe ausstrahlt, die nur zwei mögliche Ursachen haben kann: buddhistische oder vulkanische.

Mir ist es lieber, die richtige heute nicht mehr herausgefunden zu haben. Für eine der beiden gibt es ja Boulevardzeitungen.

14 Kommentare:

  1. Der Fall ist doch klar,
    der Mensch hat nur ein gewisse Anzahl von Chancen am Tag und seine waren vermutlich aufgebraucht.
    Das kennt wohl jeder. Es gibt Tage, da "weiß" man ab einem bestimmten Moment, daß alles weitere schiefgehen wird. Egal was.
    Dann sollte man innehalten.
    Was ich nur nicht verstehe, daß dieser Dirk (ein neues Synonym neben [Voll-]Horst ?), ein Zweimetermann, das so umständlich macht. Leere Kisten sind durchaus tragbar, was den Wendigkeitsfaktor deutlich erhöht. Kaum jemand käme z. B. auf die Idee, die Artikel mit der Gripzange aus dem Regal zu nehmen.
    Hände sind übrigens etwas wunderbares.

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  2. "Hände sind...."
    Ein zweites Bein auch.

    Oh, ich werde in den OP gerufen.

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  3. Olaf, die Kiste war groß und gut gefüllt. Vielleicht hatte „Dirk“ auch eine längere Anfahrt hinter sich, die einen Zugwagen unabdingbar machte. Seine Hände hat er beim Scherbensammeln dann auch sehr virtuos eingesetzt.

    Danke, Oldman, für Ihren chirurgischen Einsatz. Das Ergebnis wird hier zu bewundern sein, sobald das blöde Bloggerprogramm wieder das Hochladen von Fotos ermöglicht.

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  4. Ich muss ja aufgeregt mitteilen, dass der Beitrag zwischendurch mal weg war! Jetzt ist er aber wieder da.
    Ich wollte es nur mal erwähnt haben. Ich befürchtete schon Textklau. Und das am hellichten Tag.
    Es wird ja neuerdings ALLES gestohlen, selbst harmlose kleine Buchstaben!

    Flaschen-Dirk hat einen Pechtag. Der Glückliche.
    Es soll Leute geben, die haben sieben Jahre Pech! Am Stück.

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  5. Ja, das mit dem weggen Text, das war ich selber in Verbindung mit einem hakenden Bloganbieter.

    Übrigens ist das vorauseilender Optimismus anzunehmen, „Dirk“ hätte nur heute Pech. Schließlich kann es sein, dass er sich momentan im vierten von den sieben Jahren befindet.

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  6. Selbstdiebstahl ist bestimmt auch strafbar, wegen der Versicherung...
    Na, vielleicht merkt's ja keiner.

    Stimmt, mit "Dirk". Pessimistisch gesehen könnte heute sogar Tag eins von Jahr eins gewesen sein..

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  7. Oh Dirk ! Weißt Du schon davon ? Du wirst wohl jetzt sehr tapfer sein müssen.
    Und Herr Matt, verzeihen sie mir meine Ungenauigkeit des Ausdrucks: Ich meinte natürlich Kisten mit leeren Flaschen darin.
    Frau Anna, ein Wort zum Sonntag: Diebstahl geht nur mit fremden beweglichen Sachen.

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  8. "Diebstahl geht nur mit fremden beweglichen Sachen."
    Oha, Herr Olaf. Das verschlimmert die Sache dann noch mehr.
    Es kommt der Tatbestand der Vortäuschung falscher Tatsachen hinzu. Plus versuchter Versicherungsbetrug.
    DAS wird teuer, Herr Matt.

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  9. Na Mätti, ist dir dabei einer abgegangen?! War doch sicherlich ein schönes Erlebnis. Immer feste druff, auf die Unterschicht.

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  10. Wenn mir danach zumute gewesen wäre, Herr Rumpeldenker, hätte ich ihn in der Schleuse stecken lassen.

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  11. Außerdem erinnerte er mich an Dirk Nowitzki, einen vielfachen MILLIONÄR. Von wegen Unterschicht … ;-)

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  12. Wer ist denn dieser Herr Anonym da? Muss man den kennen?? Ist das ein ganz bestimmter oder immer ein anderer?
    ???

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  13. Tja, wer weiß. Jedenfalls haben sie alle keine Eier in der Hose … ;-)

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  14. Ja, sehe ich auch so . :-)
    Weicheier! Harhar

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