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20 September 2023

Warnung vor Platz neunzehn!

Nach Jahren gab es gestern mal wieder (richtigen) Fußball im Volksparkstadion, nämlich die Champions-League-Partie Donezk gegen Porto. Da musste ich natürlich hin, so eine Gelegenheit kommt nicht wieder. Genauer gesagt nur noch zweimal, wenn Donezk auch seine „Heimspiele“ gegen den FC Barcelona (7. November) und Royale Antwerp (28. November) hier notgedrungen austragen wird.

Platz drei in Reihe neunzehn des Blocks neunzehn C sah auf dem Stadionschema super aus. Denn vor mir würde niemand sitzen, der freie Blick von hoch oben versprach prachtvoll zu werden, und die Gefahr, einem Vordermann die Schuhspitzen ins Schulterblatt zu rammen, war gleich null.

Allerdings hatte ich die Rechnung ohne den Architekten des Volksparkstadions gemacht. Denn die Situation vor Ort war so, wie es das Bild oben erschütternd klar dokumentiert: Ich hatte ein Brett vorm Kopf. Beziehungsweise eine kapitale Metallstange. Sie war von den Schildbürgern am Zeichenbrett geschickterweise so platziert worden, dass stets zentrale Aspekte des Spielgeschehens unsichtbar blieben.

Als Alternative blieb mir die Option, mich zu ducken, sodass ich unter der Stange hindurchlinsen konnte. Dadurch rückte allerdings die Gitterstruktur auf Bild zwei ins Blickfeld. Ein weites Vorbeugen, um zwischen beiden Elementen ein größeres Sichtfeld zu erzielen, war zwar denk-, auf Dauer aber nicht darstellbar: Rücken und Nacken reichten nach kurzer Zeit Protestnoten ein. Obendrüberlinsen war ebenfalls nur temporär möglich, da ich dazu meinen Sitzplatz halb verlassen musste, und diese Haltung ist mit unbequem nur euphemistisch beschrieben.

Die Situation schien geeignet, mir das erste Champions-League-Livespiel meines Lebens zu vergällen. Zum Glück war in der Reihe unter mir – direkt links neben dieser vermaledeiten Metallkonstruktion – ein Platz frei. So gewitzt wie gelenkig schlängelte ich mich dorthin, warf allerdings bei dieser Aktion meinen soeben erworbenen Wasserbecher (sechs Euro mit Pfand) um, an dem ich lediglich einmal genippt hatte. Und dann kam natürlich bald der rechtmäßige Inhaber des Sitzplatzes und vertrieb mich wieder, was mich dazu zwang, die Dame, die inzwischen meinen gekauften Platz besetzte, zu vertreiben, genauer gesagt Verhandlungen darüber zu führen, die darin mündeten, dass ich gutmütig auf den ebenso schlechten Platz zwanzig hinüberrutschte.

Heute kam zum Glück eine Umfrage des HSV zu meinem „Stadionerlebnis“. Ich schrieb, es wäre mir schon lieber gewesen, bereits bei der Ticketauswahl darüber informiert zu werden, dass es sich bei Platz drei in Reihe neunzehn des Blocks neunzehn C eher um einen Hörplatz handelt.

Die Aussicht, auch die nächsten beiden Donezk-Spiele dort verbringen zu müssen, sollte mich eigentlich deprimieren. Doch zum Glück entdeckte ich auf dem (überschwemmten) Klo den abgebildeten Aufkleber. 

Darüber musste ich dann doch sehr herzlich lachen.



 

01 April 2019

Sensation: HSV wird Erstligist für immer!

Das ist der Knaller des Tages, des Jahres, des Jahrhunderts: Der Hamburger Sportverein wird, egal ob er aufsteigt oder nicht, ab kommender Saison in der Ersten Liga antreten – und das sogar für immer! Was dahintersteckt, verrät DFL-Präsident Reinhard Rauball in einem Exklusivinterview.

Herr Rauball, der HSV soll dauerhaft Erste Liga spielen dürfen, ohne jemals absteigen zu können – ein Novum in der DFB-Geschichte. Wer hatte diese verrückte Idee?
Uwe Seeler. Es war ein Herzenswunsch von ihm. Und wenn ein Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft so etwas äußert, hat das natürlich mehr Gewicht, als wenn so was von jemand wie – sagen wir – Lothar Matthäus kommt. Oh …
Ist diese sensationelle Neuerung nicht unfair den anderen Vereinen gegenüber?
Das ist nicht die Frage. Alle Erstligavereine haben sich dafür ausgesprochen. Einstimmig.
Auch Werder Bremen …?
In der Tat. Von den Zweitligisten war auch der FC St. Pauli dafür. Auch wenn da wohl eher ein bisschen Mitleid mitschwang.
Aber warum wollen die denn alle, dass der HSV auf ewig erste Liga spielt?
Zum einen, weil er auf regulärem Weg keine Lizenz mehr bekäme. Nach Sichtung der eingereichten Unterlagen mussten einige von uns medizinisch notversorgt werden, wegen Lachkrämpfen. Aber das Wahnsinnsentertainment, dass der HSV uns allen seit Jahren bietet, braucht nun mal die ganz große Bühne. Das ist unstrittig. Also haben wir nach einem neuen Weg gesucht. Da kam Uwe Seelers Vorschlag wie gerufen. Es gibt ja auch wirklich objektive Gründe, die dafür sprechen: Schließlich macht der HSV den Heimvereinen die Stadien rippelrappelvoll. Seine Fans fahren buchstäblich überall hin, wo der HSV rumgurkt. Und ich spreche von Abertausenden! HSV-Präsident Hoffmann nennt sie bei unseren Sitzungen nach ein, zwei Bier gern kichernd „rosa Hüpfer“, weil sie wirklich alles mit sich machen lassen. Nur ein Beispiel: Die juckeln immer und immer wieder in vollgekotzten Sonderzügen nach München, um sich dort die übliche Packung abzuholen, und feiern dann die ganze Nacht durch, weil es nicht zweistellig geworden ist. So sind die HSV-Fans! Mich als Fußballurgestein bewegt so was, es rührt mich sogar zu Tränen. Davon sollte sich Wolfsburg mal eine Scheibe abschneiden. Oder Leverkusen.
Na ja, wenn die „rosa Hüpfer“ wirklich so gestrickt wären, wie Sie sagen, würden die doch auch mit 7.000 Leuten beim SV West-Eimsbüttel IV in der Kreisliga B6 einfallen. Warum also unbedingt erste Liga?
Nur wegen der üppigen Fernsehgelder. Anders ist der Betrieb des HSV leider nicht mehr aufrechtzuerhalten. Und das kann keiner wollen – siehe oben.
Wird Hoffmann die TV-Erlöse nicht bunkern müssen, um irgendwann die neue Fananleihe ablösen zu können? Da geht es immerhin um 17,5 Millionen Euro.
Unsinn! Diese Anleihe hat der HSV äußerst clever als unendliches Schneeballsystem angelegt. Für die Rückzahlung wird er nie auch nur einen Cent aufwenden müssen. Auch am Sankt-Nimmerleins-Tag kann der HSV dank seiner rosa Hüpfer noch irgendeine Fananleihe durch irgendeine neue in beliebiger Höhe ablösen. Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen.
Die Fernsehgelder finanzieren dann also eher die Spielergehälter, nehme ich an.
Haha, von wegen … Sobald der Verein ewiges Mitglied der ersten Liga ist, braucht er doch keine teuren Spieler mehr. Er kann ja eh nicht mehr absteigen. Das Geld ist frei für andere Dinge verwendbar. Abfindungen zum Beispiel, Vorstandsgehälter, solche Sachen.
Moment: Droht mit Billigkickern wie Ito und Wintzheimer dann nicht in jeder Saison der letzte Platz …?
Ja, na und? Den Hüpfern ist das doch pimpe! Kennen Sie nicht deren Credo? Es lautet: „Nur der HSV“! Vom Tabellenplatz ist da überhaupt keine Rede.
Das klingt alles ziemlich durchdacht, was die DFL da beschlossen hat. Gab es eigentlich Widerstand aus der Zweiten Liga?
Und ob! Die HSV-Fans würden schließlich auch Heidenheim die Hütte füllen. Aber wenn alle Erstligisten an einem Strang ziehen, hat das Unterhaus natürlich das Nachsehen. Und mal ernsthaft: Wer würde sich einen Verein wie den HSV nicht für ewig sichern wollen, wenn er die Chance dazu hätte?
Herr Rauball, wir danken Ihnen für das Gespräch.


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03 Dezember 2017

Fundstücke (224)

Die auf dem abgebildeten Aufkleber vertretene These scheint mir zwar gewagt, ja geradezu falsch, doch die Chronistenpflicht zwingt mich, sie hier zu dokumentieren. 

Entdeckt habe ich sie in der Seilerstraße, Ortsteil St. Pauli. 

Wo sonst.
 

09 März 2014

Trinken fürs Ergebnis


Anders als vorgestern nassforsch prognostiziert, wurde Alexander Meier in der 68. Minute nicht zum Siegtorschützen für die Frankfurter Eintracht, sondern ausgewechselt. So viel zu meinen Fähigkeiten als Augur. 

Die Bundesligaverweildaueruhr tickte derweil unerbittlich weiter. Direkt daneben ein Banner mit der unfreiwillig komischen Aufschrift „Not for sale“, denn zumindest seinen Stadionnamen hat der HSV in den vergangenen Jahren fast so oft verkauft, wie er seine Trainer feuerte.

Die beiden Tore zum 1:1 fielen übrigens immer dann, wenn Mr. Goodman sich gerade erhoben hatte, um Flüssignachschub zu besorgen. Noch sind zwei Treffer eine zu kleine Grundgesamtheit, um von einer signifikanten Korrelation sprechen zu können, doch ich werde die Sache weiter beobachten.

07 März 2014

Bevor der Letzte das Licht ausmacht


Allmählich habe ich den schlimmen, schlimmen Verdacht, die erste Liga sei auf Abschiedstour in Hamburg. Die Indizien dafür sind jedenfalls erdrückend.

Der HSV tut alles, um endlich auch mal die kathartische Erfahrung eines Abstiegs in seine Annalen eintragen zu dürfen, und der FC St. Pauli wird es wieder mal nicht packen aufzusteigen – schon haben wir den Salat, nämlich weder BV- noch FCB mehr in der Stadt. 

Stattdessen Ingolstadt oder Sandhausen, und das gleich zweimal pro Saison. 

Nichts gegen Ingolstadt oder Sandhausen, aber das sind schon bittere Aussichten: das Tor zur Welt ohne Erstligatore. Keine Chance mehr, einfach mal spontan mit der S-Bahn nach Stellingen rauszufahren und dort Leverkusen, Wolfsburg, Bremen oder Mainz den üblichen Auswärtssieg einfahren zu sehen.

Deshalb verspüre ich schon seit einigen Wochen das progressiv wachsende Bedürfnis, bevor die Lichter ausgehen noch so oft es geht den Glanz und Glamour der Bundesliga zu schauen. Morgen tue ich es wieder. 

HSV gegen Frankfurt: Mr. Goodman und ich werden es uns mit Mützen, Bier und Sonnenbrillen auf der Osttribüne gemütlich machen und Alexander Meiers Siegtor in der 68. Minute mit jener wehmütigen Euphorie würdigen, die nur eine Erstliagabschiedstour auszulösen vermag.

Aber vielleicht steigt der FC St. Pauli ja doch noch auf.

09 Februar 2014

Alptraum Relegation


Jahrzehntelang währt nun schon meine Karriere als Stadionbesucher, doch am Samstag erlebte ich ein Debüt. Beim Spiel des HSV gegen Hertha BSC nämlich geschah Folgendes: 

Der Stadionsprecher nannte mit mühsam gespielter Euphorie den jeweiligen Vornamen der aus- und eingewechselten HSV-Spieler – und die ungefähr 40.000 Anhänger auf den Rängen blieben die übliche Nachnamenergänzung einfach schuldig. Sie schwiegen, konsterniert und gelähmt von diesem neuerlichen 0:3. 

Allmählich muss sich die Stadt wohl wirklich an den Gedanken gewöhnen, erstmals seit 1962 ohne Erstligisten auskommen zu müssen. „Es sei denn, St. Pauli und der HSV spielen in der Relegation gegeneinander“, malt Hertha-Fan A. ein für Hamburg schier apokalyptisches Szenario an die Wand. 

Dann, liebe Leute, wäre die ganze Stadt ein Gefahrengebiet, nicht nur der Kiez. Und wollen wir das? Freilich wollen wir das.


30 März 2012

Die neue HSV-Hymne (Champions-League-Version)

Die Aktion von Radio Hamburg, die HSV-Hymne „Hamburg, meine Perle“ auf zweite Liga umzutexten, war eine bodenlose Frechheit.

Das geht einfach nicht, da hört jeder Humor auf, und Urheber Lotto King Karl setzt völlig zu Recht alle juristischen Hebel in Bewegung, um dieses unsägliche Pamphlet schleunigst wieder aus der Welt zu schaffen.

Denn anders, als dieser VollHorst vom Radio nahelegt, ist der HSV „kein Abstiegskandidat” (Fink), sondern gehört „nach Europa” (Fink), und zwar mit Haut und Haaren. Die Unverfrorenheit dieses sogenannten Radiomanns erforderte daher neben den üblichen Morddrohungen eine weitere starke Reaktion: ein Gegenlied.

Dessen habe ich mich bereits vor einigen Tagen angenommen. Nun, da der Shitstorm gegen Radio Hamburg an Intensität nachlässt, erscheint mir der Zeitpunkt gekommen, die Ehrenrettung des HSV lyrisch zu zementieren.

Unten folgt daher – als Hommage an den größten Verein, den ganz Stellingen weltweit je hervorgebracht hat –
die realitätsnahe Version der Vereinshymne: eine für die Champions League.

Beim Texten hat mich übrigens ein Motto geleitet, welches ich nicht besser als in diesem Vers zusammenzufassen weiß: Ob Messi oder Lampard/ob Alonso oder Frei:/wenn ihr gerne Zeit verplempert/kommt doch vorbei, vorbei …!

Hier also „Hamburg, meine Perle“ in der CL-Version:

Wenn du aus London kommst,
bad lieber in der Themse.
Wenn du aus Holland kommst
dann trau dich erst gar nicht raus.
Wenn du aus Spanien kommst
freu dich auf Jansens Sense.
Und wer aus Mailand kommt
den mixen wir zu Labs und Kaus.

Wenn ich durch Europa tingel
von Rom bis Rejkjavik
dann denk ich „Hamburg, meine Perle“ – und singe:
Champions League!

Refrain:
Oh, Hamburg, meine Perle
du Herz der Fußballwelt
du schickst sie nach Haus, du bist ein Beben
du bist die Stadt, die alles kann, die alles kann.

Wenn du aus Kiew kommst
hast du gewiss ne zweite Nase
Wenn du aus Piräus kommst
hast du nicht mal Geld fürn Bus.
Wenn du aus Dnjepr kommst
dann spar dir gleich die Reise.
Wenn du aus Valencia kommst
dann ist für dich hier sicher Schluss.


Wenn ich durch Europa tingel
von Gent bis Olympique
dann denk ich „Hamburg, meine Perle“ – und singe:
Champions League!

Refrain: …

Wenn du aus Belgien kommst
dann bieg lieber ab nach Sasel.
Wenn du aus Russland kommst
dann bring Wodka zum Betäuben mit.
Wenn du von den Alpen kommst
dann bleib doch gleich in Basel.
Wenn du aus ManU kommst
sagt Rooney schon vorm Anpfiff „Shit!“


Wenn ich durch Europa tingel
von Sieg zu Sieg zu Sieg
dann denk ich „Hamburg, meine Perle“ – und singe:
Champions League!

Refrain: …

So, und jetzt auf, ihr Rothosen – der Rückstand auf den CL-Qualiplatz beträgt nur 24 Punkte!



24 März 2012

Wie der HSV mich erst verhöhnte, dann versöhnte



Wie es genau dazu kam, dass der HSV das Datum meines Geburtstags erfuhr, liegt im Dunkeln. Vielleicht habe ich den Grund einfach verdrängt, weil ich es selbst verbockt habe und bei irgendeiner Kartenbestellung versehentlich nicht den 1. April angab.

Jedenfalls erhalte ich vom HSV jedes Jahr eine Glückwunschmail. Diesmal tat er so, als sei der Mittelfeldmann Marcell Jansen Absender derselben, und dokumentierte das mit einem Foto, welches aus Gründen, für die ich meinen Spamfilter noch bös ausschimpfen werde, unbehelligt in meinem Posteingang landete.

Jansen, seit vielen Monaten so torgefährlich wie Ottfried Fischer bulimisch, hält sich auf diesem Foto ein blaues Präsentpaket vors Gemächt – eine allenfalls viertelgelungene Metapher für einen codebasierten Fünf-Euro-Geschenkgutschein, den ich, ginge es nach Jansen, im HSV-Fanshop einlösen soll.

Als Anhänger des FC St. Pauli freilich fände ich einen Aufenthalt dort etwa so reizvoll wie Kalle Schwensen eine Kur im Kapuzinerkloster; insofern dürfte es mir schwerfallen, dort Interessanteres zu finden als lediglich Utensilien, die sich als Putzlappen eignen.

Deshalb werden Sie bitte glücklich mit SFXKZSJFNA.



Auch das Geschenk, welches der notorische HSV-Fan Kramer mir überreichte, löste bei mir nur auf der Ultraschallebene wahrnehmbare Jubelstürme aus. Es handelte sich um einen außerordentlich plump auf Charlotte Roches Debütroman anspielenden Pornoschinken, dem Kramer – der hier ausnahmsweise mal ganz pragmatisch dachte – als Bonus eine Klorolle beigefügt hatte.

So versuchte der HSV also auf mehreren Ebenen, mir meinen Geburtstag gründlich zu vergällen. Allerdings schien er am Ende doch einzusehen, dass er zu weit gegangen war, und strebte nach Wiedergutmachung.

Was dann auch gelang, in Wolfsburg. Und ich bin ja nicht nachtragend.


Foto: HSV (1)

29 August 2011

Der Waschbeckentrick



Immer wenn ich im HSV-Stadion bin und mir die Hände waschen will, ärgere ich mich über die fehlkonstruierten Waschbecken, genauer: über die Wasserhähne.

Die sind sogar kleiner als Jarolims Fallsucht groß, und zu allem Überfluss ragen sie auch noch kaum über den Rand des Beckens. Es ist völlig unmöglich, seine Hände darunterzuhalten, sofern sie größer sind als die eines im sechsten Monat per Kaiserschnitt geholten Säuglings, und das ist ausnahmslos bei allen Besuchern der HSV-Arena der Fall.

Niemand kann sich also nach dem Klo- bzw. Pinkelrinnengang ordentlich die Hände waschen; man ist allenfalls in der Lage, sich den Wasserstrahl über die Fingerspitzen laufen zu lassen.

Ich frage mich schon lange, warum das so ist, warum ein Sanitärkonstrukteur derart lachhaft an der Funktionalität seines Gegenstandes vorbeidesignen konnte, ohne daß er in Regreß genommen wird. Am Samstag endlich lieferte mir ein verzweifelnder Mann am Nachbarbecken einen Hinweis auf die Lösung.

Er beugte den Kopf tief hinein ins Becken und versuchte sich mit gewölbter Hand ein paar Tropfen Wasser oral einzuflößen. Dies allerdings misslang gründlichst. Er drehte den Kopf, spitzte zittrig den Mund, quetschte die Hand an den Beckenrand, doch nie schaffte er es, die Lippen irgendwie in die Nähe des fließenden Wassers zu bringen.

Sichtbar verärgert zog der Mann schließlich ab – und ging wahrscheinlich sofort draußen an den Tresen, um sich frustriert irgendein überteuertes Getränk einzuverleiben.

Und da verstand ich.


28 August 2011

Die Domina blieb arbeitslos



Wie altgediente Blogleser wissen, habe ich ein schweres Päckchen zu tragen: Ich bin ein Fan des 1. FC Köln. Ja, ja, ich weiß: Es gibt angenehmere Schicksale. Aber auch noch schlimmere, damit tröste ich mich immer. (Mir fällt nur gerade keins ein.)

Wenn die Kölner also mal wieder in Hamburg spielen, gehe ich auf die HSV-Webseite und kaufe mir für rund 40 Euro eine Eintrittskarte. Das ist ungefähr so, als würde ich in der Herbertstraße eine Domina aufsuchen – allerdings ohne ein Masochist zu sein.

Beim letzten Mal blechte ich die rund 40 Euro, um mir eine 2:6-Klatsche einzufangen. Ich ließ mich also gleichsam auspeitschen und löhnte auch noch dafür.

Entsprechend angespannt schlich ich heute in die sogenannte Imtech-Arena – und erlebte ein nervenzerrüttendes Spiel mit viermal wechselnder Führung, aber – o Wunder – auch einem unverhofft gloriosen Ende. 3:4! Die Domina blieb arbeitslos, meine Heimfahrt war ein einziger innerer Triumphzug. Schon im Shuttlebus war es wunderbar, den Gesprächen der HSV-Fans zu lauschen.

„Pass auf“, sagte ein Vollschlanker mit Schal zu seinem Kumpel, einem viereckigen Trumm mit Petric-Trikot, „St. Pauli steigt auf und wir steigen ab.“
„Nicht so lange ich lebe!“, jaulte sein Kollege waidwund auf.
„Wart mal ab, nächsten Sommer!“, bekräftigte Kassandro mit düsterer Miene.
„Dann bin ich dout“, rief sein Kumpel, „dann sterb ich!“

Ich gluckste und fühlte mich pudelwohl. Inmitten dieser Dunstglocke aus Frust und Verzweiflung unerkannt mit den HSV-Fans unterwegs zu sein, klammheimlich ihre Niedergeschlagenheit zu genießen: Das macht mich sicherlich zu einem schlechten Menschen, doch das Recht darauf habe ich mir auch teuer erkauft – siehe oben. Heute jedenfalls hatte ich die Peitsche geschwungen, statt mit wundem Rücken heimzuschlurfen.

Auf dem Bahnsteig fing einer in Blauweiß fatalistisch an zu singen. „Wir steigen niemals ab“, sang er, „wir wechseln nur die Liiiiiga!“ Respekt: So viel sarkastisch abgefederten Fatalismus hätte ich einem HSVler gar nicht zugetraut. Eine gute Übung für das, was da noch kommen kann.


PS: Kurz vorm Anpfiff hatte ich im Tippspiel meinen Tipp noch hasenfüßig von 0:1 auf 1:1 korrigiert. Aber irgendwas ist ja immer.

PPS: Das Foto zeigt Kölner Freudenbengalos bereits
vor dem Anpfiff. Anscheinend hatten die eine bessere Glaskugel als ich.

26 März 2011

Keine Karten, nirgends



Schon wieder ging eine Saison dahin, die von dauerhaftem Misserfolg geprägt war. Obzwar seit Jahren Mitglied des FC St. Pauli, gelang es mir erneut kein einziges Mal, eine Karte für ein Heimspiel zu ergattern. Heute auch wieder nicht.

Für die letzten beiden Partien gegen Bremen und Bayern lief ab 10 Uhr morgens der sogenannte „Vorverkauf“, wie der FC St. Pauli dieses Procedere bezeichnet. Der „Vorverkauf“ besteht im Wesentlichen aus einer besetzten Telefonleitung und einer nicht funktionierenden Onlinepräsenz.

Auch die Webseite „Mitgliederverkauf“ half mir nicht weiter: Ich hätte mich zwar schon liebend gerne verkauft, aber dort gab es nur keine Karten. Dabei hatte zu Saisonbeginn alles recht hoffnungsvoll angefangen. Letzten Sommer erzählte mir nämlich ein Fitnesskollege, er kenne da einen, der einen kennte, der Dauerkarten besorgen könne. Ich war elektrisiert.

Als ich Wochen später noch mal aufgeregt nachfragte, klang das allerdings schon erheblich vager. Irgendwann schien es ihm sogar unangenehm zu sein, mit seiner Aussage vom Sommer behelligt zu werden. Auch er selbst vermochte es anscheinend nie, sich Einlass ins Millerntorstadion zu verschaffen.

Vielversprechender erschien mir da schon die Mail eines treuen Bloglesers. Er deutete Kontakte zur Führungsetage von Hertha BSC an, dort können man möglicherweise was für mich tun. „Hertha BSC?“, fragte ich zurück. „Was um alles in der Welt haben die mit dem FC St. Pauli zu tun? Wie kann mir ein Zweitligist eine St.-Pauli-Dauerkarte beschaffen?“

Nun, von Chefetage zu Chefetage, raunte der Informant, rede man eben ganz anders miteinander, vertrauter, ja geradezu ermöglichender. Ich signalisierte höchstes Interesse, ja präventive Begeisterung. Doch der Kontakt riss ab, und das lag keineswegs an mir. Das Verstummen dieses Menschen signalisierte jedenfalls eine gewisse Beschämung.

Der Effekt wieder mal: keine Dauerkarte. Als größten Erfolg der Saison muss ich daher nun verbuchen, dass mir die Mitgliederzeitschrift des FC St. Pauli zum Geburtstag gratuliert hat. Außerdem erwarb ich frustriert – das nennt man wohl Sublimation oder so – mehrere Karten für HSV-Heimspiele. Einfach so – eingeloggt, ausgewählt, bezahlt, und gut war.

Aber das muss unbedingt unter uns bleiben.

20 März 2011

Moraltest mit Sitzkissen



Wenn man bei überschaubaren neun Grad Außentemperatur die Bundesligapartie Hamburger Sportverein gegen den 1. FC Köln besuchen will, sollte man unbedingt ein Sitzkissen mitnehmen. Die Plastikschalen im Stadion sind nämlich kälter als Eisbärschnauzen, sogar im Sommer.

Zum Glück stehen mir standardmäßig zwei entsprechende Polsterunterlagen zur Verfügung: eine mit dem Emblem des FC St. Pauli drauf (= taktisch womöglich unklug) und eine von der WM 2006 (= perfekt).

In der S-Bahn stelle ich allerdings fest, keine der beiden eingesteckt zu haben.

Eine Erkenntnis, die mir liebend gern den Nachmittag vergällen möchte; allerdings weiß ich da noch nicht, dass mich droben in Stellingen noch erheblich Vergällenderes erwarten wird. Doch dazu später.

Als ich im Stadion sitzkissenlos und missmutig Richtung Block 21B unterwegs bin, fällt plötzlich einer eislutschenden Frau vor mir etwas runter, ohne dass sie es bemerkt.

Es ist – ungelogen, vallah! – ein Sitzkissen.

Das Prachtexemplar seiner Art ist zwar mit allen Insignien des HSV versehen, doch andererseits auch verführerische fünf Zentimeter dick und anscheinend aufs Funktionalste gepolstert und gedämmt – von so etwas, sagen wir es rundheraus, träumt bei neun Grad Außentemperatur jeder Arsch.

Und es liegt vor meinen Füßen. Ich brauche es nur aufzuheben.

Das Spiel entwickelt sich sehr schnell sehr unschön. Die Kölner Spieler scheinen alle spontan an Narkolepsie erkrankt zu sein. Sie wachen erst auf, als sie 0:4 hinten liegen. Immerhin geht das zerschmetternde 2:6 als torreichstes Livespiel meiner Bundesligakarriere in die Geschichte ein. Na super.

Das verlorene Sitzkissen hatte ich übrigens dann doch der Frau hinterhergetragen. Zwei Stunden lang ein kalter Hintern: Das muss einem das Karma schon wert sein.

(Verdammt.)


07 März 2011

HSV gegen Mainz = 5:1 für uns



Am Bahnhof Stelliingen finden wir einen mit HSV-Flaggen dekorierten Bierstand vor. Das freilich wäre noch nichts Erstaunliches, doch hinterm Tresen stehen zwei circa zwölfjährige Pimpfe und verticken Holsten in Dosen. Zwölfjährige!

Vielleicht ist so was sogar irgendwie legal, denn immerhin trinken die Jungs nichts davon. Als ich zur Dokumentation dieses segensreichen kindlichen Wirkens am Bruttosozialprodukt die Kamera zücke, fällt mir der Franke in den Arm. Ich solle das lassen, argumentiert er, um keine behördliche Aufmerksamkeit auf den Schwarzmarkt zu lenken.

Dieser bauernschlaue Mitallenwasserngewaschene – auf so eine Idee wäre ich gar nicht gekommen! Als bekanntermaßen gut Belehrbarer gebe ich seinem Einwand aber sofort statt. Ersatzweise muss er sich allerdings dazu verdingen, mir höchstpersönlich eine der erstandenen Bierdosen ins Bild zu halten (Foto).

Ein Beweis für einen Bierstand mit zwei circa zwölfjährigen Pimpfen, die Holsten in Dosen verkaufen, ist das allerdings nicht, Herr Staatsanwalt!

Vorm Spiel hatte ich getwittert „Auf dem Weg nach Stellingen, dem HSV Pech bringen“, und was soll ich sagen … Wir sitzen zufällig auch noch hinterm jenem Tor, das fünf der insgesamt sechs Treffer des Nachmittags für sich verbuchen darf. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich, und zwar ausdrücklich bei beiden Teams.

Außer bei Mladen Petric; der traf gegenüber.


19 September 2010

FC St. Pauli–HSV: Selbsthass in St. Ellingen



Das Wochenende (vor allem natürlich der Sonntag) war geprägt vom diesjährigen Finale um die Hamburger Stadtmeisterschaft im Fußball. St. Pauli gegen St. Ellingen gewissermaßen, oder, um es allgemeinverständlicher zu formulieren, FC St. Pauli gegen den HSV.

Jeder Polizist im Viertel – es waren angeblich tausend im Einsatz – hatte die Verantwortung für durchschnittlich 23 Fans. Eine gute Quote, wenn man bedenkt, dass an anderen Tagen jeder Cop 184 Hamburger umsorgen muss.

Die Reeperbahn war sicherheitshalber vollgesperrt, und als ich gegen 14 Uhr zum Natasholen in die Davidstraße aufbrach, wurde gerade ein halbes Tausend HSV-Fans von Bullen und Pferden gen Stadion geleitet. Die Fans brüllten „Scheiß St. Pauli!“ und „Das hier ist unser Revier!“, und ich fragte mich mal wieder, warum die HSV-Anhänger sich bloß so abarbeiten müssen am FC St. Pauli.

Ich meine: Die Braun-Weißen sind eine Fahrstuhlmannschaft und der HSV ein Weltverein, der 1983 sogar schon mal den Vorgängerwettbewerb der Champions League gewonnen hat. In ihren Augen müsste der FC doch nichts weiter als Fliegenschiss sein.

Und trotzdem stellen sich manche HSV-Nasen nachts den Wecker, um St.-Pauli-Fans und -Spieler zu verprügeln, die am Bahnhof Altona den Zug verlassen. Trotzdem bemalen sie das FC-Emblem vorm Stadion mit blauer Farbe. Trotzdem schreien sie „Scheiß St. Pauli!“, dass ihr Geifer den Mittelstreifen der Reeperbahn düngt.

Warum tun die das? Warum folgen sie nicht dem weisen Rat „Nicht mal ignorieren!“, den Karl Valentin ihnen doch schon Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Silbertablett serviert hatte?


Ich glaube, ich weiß warum: Weil sie neidisch sind. Auf den FC St. Pauli.

Dieser kleine Scheißverein hat es geschafft, weltweit als saucool zu gelten. Er kommt aus dem berühmtesten deutschen Stadtteil der Welt und hat ein Corporate Design, mit dem du auch außerhalb der Kickersphäre positiv auffällst. Mit den Totenkopftrikots des FCSTP punktest du in London genauso wie in New York, in Tokio wie in Brisbane. Der Verein hat eine klare politische Linie (links-alternativ, antirassistisch), ein Faible für Punk und verdammt viele Frauen als Fans – kurz: ein Image, das überall dort ankommt, wo Leute sich als unangepasst und kritisch empfinden, selbst wenn sie gar keine Fußballfans sind.

Und was hat der HSV? Seit 1983 einen Pokal des Vorgängerwettbewerbs der Champions League in der Vitrine, eine Legende namens Uwe Seeler und ein Stadion, dessen Namen er alle paar Jahre meistbietend verhökert.

Auch wenn sie einem Weltverein anhängen: Der Neid auf Nimbus und Image des FC St. Pauli, auf diesen charmanten Mix aus Rotlicht, Rock’n’Roll, Toleranz und Laissez-faire nagt so sehr an den HSV-Fans, dass sie ihren Hass auf das Leid, welches ihnen dieser kleine Stadtteilverein durch seine bloße Existenz unablässig zufügt, immer wieder herausschreien müssen.

Irgendjemand müsste ihnen vielleicht mal erzählen, dass es in Wahrheit Selbsthass ist. Sie kompensieren damit etwas – in Anbetracht der Rahmenbedingungen – ganz Erstaunliches: einen kapitalen Minderwertigkeitskomplex.

Ach ja, das Spiel: Es endete 1:1, weil der Weltverein zwei Minuten vor Schluss durch einen Glücksschuss noch den Ausgleich schaffte. Und auf der vollgesperrten Reeperbahn trockneten derweil die Pferdeäpfel.



05 August 2010

In der potenziellen Hubba-Bubba-Arena

Auf Fremdschämtour beim HSV.

Das Stadion der sogenannten Rothosen, malerisch an der Müllverbrennungsanlage gelegen, hat mal wieder einen neuen Namen. Plötzlich muss man es Imtech-Arena nennen, sonst wird man standrechtlich zu einem AOL-Account verdonnert.

Imtech berappt 25 Millionen Euro dafür. Und die treuen HSV-Fanschäfchen machen das ein ums andere Jahr mit, trotten stillergeben mal in die AOL-, dann in die HSH-Nordbank-, jetzt halt in die Imtech- und irgendwann wahrscheinlich auch in die Hubba-Bubba-Arena. Eine fremde und seltsame Welt, vor allem für St.-Pauli-Fans.

In der Halbzeit des Testspiels gegen den englischen Meister Chelsea (Didier Drogba war der Hauptgrund meiner Anwesenheit) wurde der Chef des neuen Stadionsponsors interviewt. Zwar interessierte das kein Schwein, selbst die stillergebenen HSV-Fans nicht, doch wat mutt, dat mutt, schließlich berappt er 25 Millionen.

Also salbaderte der gute Imtech-Mann etwas von „Wir als Nummer eins in Deutschland und Europa …“, und ruckartig war ich hellwach, denn den HSV konnte er damit ja kaum meinen, doch dann kam der beruhigende Abschluss: „… in Gebäudetechnik“.

In Gebäudetechnik also. Die Fans begannen dann, ihren Fansong zu singen, und auch hier beschlich mich schnell das nicht mal dumpfe, sondern sehr präsente Gefühl, sie sängen von einem ganz anderen Verein.

„Hier weiß jedes Kind/Dass wir Champions sind“ – wer? Der HSV? Und in welcher Sportart? Groß allerdings die Zeile: „Wir sind Hamburg/Wir sind immer da“. Sie erinnerte Kramer zu Recht an den genialisch mit wahlentscheidender Semantik aufgeladenen Slogan der Partei Die Partei zur vorletzten Bundestagswahl.

Er lautete: „Hamburg – Stadt im Norden“.

Ja, das sind ewige Wahrheiten! Genau wie die, dass dieses Stadion immer jenes an der Müllverbrennungsanlage bleiben wird, egal mit wievielen aus Gebäudetechnik generierten Millionen jemand daherkommt.

Drogba blieb übrigens – obzwar Ivorer – blass.


02 August 2007

Audienz beim Fußballgott

Natürlich, objektiv gesehen ist das völlig gaga, schon klar. Doch für mich hat es etwas unbeschreiblich Erhebendes, im gleichen Stadion ein- und auszuatmen wie Alessandro Del Piero

Nur wenige Meter von mir entfernt schreitet der Fußballgott zur Eckfahne, und ich bin verzückt, auch wenn der Ball im Strafraum versandet. Hach, der Atem der Fußballgeschichte! Am Ende verliert Del Piero mit Juventus Turin 0:1 beim HSV in einem bedeutungslosen Testspiel, das ich mir jedoch legendär zu reden versuche. Denn wir sehen nirgends Fernsehkameras, diese Partie findet unter Ausschluss der medialen Öffentlichkeit statt, und das hat man ja heutzutage nicht mal mehr auf dem Kiez

Mir wird ganz pathetisch beim Gedanken daran. „Dieses Spiel“, raune ich dem Franken zittrig zu, „wird ausschließlich in unserer Erinnerung weiterexistieren!“ „Und auf tausenden Digicams“, lässt der tumbe Aurakiller ungerührt die Luft aus meinem Pathos und filmt den nächsten Freistoß. 

Verdammt, er hat Recht. Also knipse ich Del Piero, wie er sich den Ball zur Ecke zurechtlegt. Ein Moment, den mir niemand mehr nehmen kann.  

PS: Hier gibt es drei Minuten lang Del-Piero-Tore.

19 März 2007

Matt vs. HSV 2:1 (kurz vor Ende der Verlängerung)

Wir erinnern uns: Ich versuche seit einiger Zeit, ein überschüssiges HSV-Ticket loszuwerden. Bei Ebay geriet ich allerdings sofort ins Visier des argusäugigen HSV, der eine Stornierung der Auktion erwirkte.

Ich rief aufgebracht in der Geschäftstelle an und verlangte ersatzweise eine Rücknahme und Erstattung der Karte, was mir unter deutlichen Anzeichen großer Erheiterung verweigert wurde. Dagegen protestierte ich in einem Schreiben ohne amüsierte Untertöne, woraufhin mir der HSV kühl beschied, ich habe mit der Auktion gegen Urheberrechte verstoßen.

Nun gut, dachte ich, vielleicht hätte ich einfach deutlicher herausstellen sollen, kein Schwarzhändler zu sein. Also startete ich – und das ist jetzt die neue Entwicklung – erneut eine Ebay-Auktion und bot die Karte explizit zum Selbstkostenpreis als Sofortkauf an. Keine zwei Tage später wurde der Bundesliga-Abstiegskandidat, der offenbar sonst nichts zu tun hat, schon wieder bei Ebay vorstellig.

Folge: Meine Auktion wurde zum zweiten Mal storniert, und nicht nur das: Ebay schmiss mich raus. Jetzt hatte ich also immer noch ein Ticket zu viel, dafür aber ein Ebay-Konto zu wenig – nicht mal mehr unsere Mingvasen dürfte ich seither versteigern, sofern wir welche besäßen.

Meine nächste Mail an den HSV war kein Liebesbrief, o nein. „Warum tun Sie das?“, erkundigte ich mich und deklarierte mich wahrheitsgemäß als „ehrlicher Ticketkäufer, den Sie ohne Gegenleistung um 48 Euro bringen wollen“. Heute nun erhielt ich folgende Antwort:

„Sehr geehrter Herr Wagner, eine Verletzung des Urheberrechts erfolgt in der Regel durch Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Bildmaterial, wie z. B. eines Stadionplans der AOL Arena. Sofern Ihrerseits keine Verwendung für das besagte Ticket besteht, bieten wir gerne eine Rückgabe gegen eine Stornogebühr von € 2,00 an.“

Wow: Sie nehmen meine Karte also plötzlich doch zurück! Und was für die Zukunft noch wichtiger ist: Nicht die Auktion als solche war offenbar illegal, sondern nur meine Illustration derselben mit dem Stadionplan. Habt ihr das gehört, Schwarzhändler?

Warum man mir dieses entscheidende Detail erst nach zwei Wochen zäher Auseinandersetzungen und dem vorläufigen Ende meiner Ebay-Karriere mitgeteilt hat, das weiß wohl nicht mal Didi Beiersdorfer.

Heute habe ich die Karte zurückgeschickt. Natürlich per Einschreiben.

Nachtrag vom 31.3.2007: Aus! Aus! Das Spiel ist aus! Gestern wurde die Rücküberweisung des HSV auf meinem Konto verbucht.

12 März 2007

Matt vs. HSV 0:1 (Zwischenstand)

Lieber HSV,

vor einigen Wochen erstand ich online vier Tickets für das Spiel des HSV gegen den VfL Wolfsburg am 1. April. Eine Karte war für meine Mutter bestimmt. Wie sich herausstellte, ist sie am 1. 4. allerdings verhindert. Daraufhin versuchte ich die Karte in meinem Freundes- und Bekanntenkreis weiterzugeben, doch es klappte nicht.

Also entschloss ich mich, die Karte über Ebay zu verkaufen. Das ging allerdings nur wenige Tage gut, denn Sie, der HSV, veranlassten bei Ebay die Stornierung dieses Angebotes. Ihr Argument: Ich würde mit diesem Angebot „Rechte an geistigem Eigentum verletzten“. Geistiges Eigentum???

Nun müssen Sie mir juristischem Laien einmal Folgendes verklickern:

Wie kann eine Eintrittskarte für ein Fußballspiel geistiges Eigentum begründen? Ist sie nicht viel eher ein handfester Beleg für das Recht, an einem bestimmten Tag einen bestimmten Platz in einem bestimmten Stadion für einige Stunden besetzen zu dürfen? Dieses Recht haben Sie mir verkauft, und zwar für 48 Euro. Und dieses Recht sollte ich auch für 48 Euro weiterverkaufen können, wenn ich es nicht wahrnehmen kann, nicht wahr?

Wie auch immer: Nachdem Sie mir dieses Recht verweigert haben, müssten Sie zumindest diese Karte, die ich nicht verwerten kann, zurücknehmen. Dachte ich mir zumindest, aber ich bin ja, wie erwähnt, ein juristischer Laie. Ein Anruf bei Ihnen heute belehrte mich dann auch eines Besseren. Nein, die Karte könnten Sie keinesfalls zurücknehmen, sagten Sie mir barsch. Auch auf Ebay, führten Sie mit deutlichen Zeichen der Erregung weiter aus, dürfe ich sie keineswegs verkaufen.

Was ich denn dann tun solle, frug ich ratlos. Im Freundes- und Bekanntenkreis weitergeben, rieten Sie mir. Und damit bin ich wieder genau dort angekommen, wo ich angefangen habe: beim erfolglosen Versuch, das 48 Euro teure Ticket im Freundes- und Bekanntenkreis weiterzugeben.

Ich bin mir sicher, Sie haben noch irgendeine andere Variante im Köcher. Denn ich bin keinesfalls bereit, 48 Euro in den Wind zu schießen. Wenn ich für einen Walkman, einen Kopfhörer, eine CD oder eine DVD 48 Euro bezahlt habe und stelle plötzlich fest, dass es sich um einen Fehlkauf handelt, dann gebe ich sie entweder zurück oder verkaufe sie weiter. Warum in Uwe Seelers Namen soll das mit einem Fußballticket nicht gehen?

Sind Sie, lieber HSV, etwa von einer besonders aggressiven Form des Fifavirus befallen? Wenn ja, dann muss es sich dabei um eine fatale Mutation handeln, denn die Fifa hat mir während der WM wenigstens die Chance gegeben, die Karte zurückzugeben.

Ich bitte Sie also um einen konstruktiven Vorschlag. Denn Sie wollen mich doch bestimmt nicht dazu zwingen, mich am Stadion kartenschwenkend neben die Schwarzhändler zu stellen, oder?

Vielen Dank für eine zeitnahe Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Wagner

PS: Da dieser Fall m. E. grundsätzlicher Natur ist, erlaube ich mir, ihn im Internet transparent zu kommunizieren.

04 März 2007

Raute gegen Wölfe

Braucht noch jemand eine sehr gute Sitzplatzkarte (Lage s. roten Pfeil rechts) für das Knallerspiel des klaren Uefacup-Kandidaten HSV gegen den Marcelinho-Club VfL Wolfsburg?

Anpfiff ist am Sonntag, 1. April, um 17 Uhr.

Wer das Westtribünenticket zum Selbstkostenpreis plus Porto von mir haben möchte, sollte jetzt aufstehen oder für immer schweigen – wer zuerst mailt, kauft zuerst.

(Wenn man’s sich recht überlegt, ist so ein Blogdings besser als Ebay; man spart Einstellgebühr und Verkaufsprovision. Hm.)

31 Januar 2007

St. Pauli hält zum HSV

Hier auf St. Pauli verfolgt man den grausamen Niedergang des Hamburger SV mit frohgemuter Häme. Jedes Spiel, das die Distanz zwischen dem klitzekleinen Kiezclub (3. Liga, Platz 12) und dem Megamillionenverein (Bundesliga, ganz hinten) verkleinert, wird freudig registriert, selbst wenn noch zwei Ligen dazwischenliegen.

So geht es natürlich auch mir; man atmet diese letztlich hoffnungslose Animosität tagtäglich mit der Kiezluft ein. Und wenn HSV-Torhüter Frank Rost heute Abend den herrlichen Satz sagt: „Tiefer in der Tabelle können wir nicht mehr kommen – das ist schon mal positiv“, dann ist man als Paulianer allzeit zum Feixen bereit.

Doch so ganz allmählich vermischt sich die Genugtuung über den gedemütigten Großverein mit einem anderem Gefühl: dem Bangen vor der Bundesligalosigkeit Hamburgs. Als zweitgrößte und sowieso schönste Stadt Deutschlands haben wir ein natürliches Recht auf einen Platz in der Liga.

Das war schlicht schon immer, immer, immer so; keine andere deutsche Stadt kann das von sich behaupten, vor allem und zuvörderst Berlin nicht. Insofern darf der HSV – und ich weiß, was ich jetzt sage – nicht absteigen. Punkt.

Zumindest nicht bis 2008. Denn dann spielt ja St. Pauli wieder in der Bundesliga.

(Das Foto zeigt übrigens eine riesenhafte Skulptur von Uwe Seelers rechtem Fuß vorm HSV-Stadion.)

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