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04 Februar 2008

Beginn einer neuen Ära

Erinnert sich eigentlich noch jemand an Bücher? Ich meine nicht das, was man zu Weihnachten verschenkt, was in der Amazon-Bestenliste auftaucht und sich bei Thalia zu Bergen türmt.

Sondern das, was man aufschlägt und langsam Seite für Seite von vorne bis hinten in der richtigen Reihenfolge durchliest. Bücher. Diese zusammengehefteten Papierseiten, die mal wichtig waren, so verdammt wichtig. In der Ära vor dem Internet, vor Spiegel online, vor der iTunes-Bibliothek mit zehntausend Songs, vor dem Job, der sich immer tiefer hineingefressen hat in dein Leben, deine Freizeit, deinen Urlaub.

Echte Bücher, zerzaust und gealtert durch echtes Lesen. Ich habe festgestellt, dass ich mich kaum noch daran erinnere, aus all den genannten Gründen. Früher habe ich Bibliotheken verschlungen, wild durcheinander, Hauptsache Buchstaben – von „Perry Rhodan“ bis Dostojewski, von Goethe bis Kerouac, von Dan Shocker bis Nabokov und von Rimbaud über Highsmith bis Brussig.

Und jetzt reicht es Woche für Woche nur noch für die FAS und den Spiegel und ein paar Flackerblicke in Fach- und Konkurrenzzeitschriften. Das musste sich ändern, unbedingt. Und seit heute hat sich das geändert, zumindest ist ein Anfang gemacht.

Heute nämlich hatten Ms. Columbo und ich unsere erste gemeinsame Lesestunde. Wir setzten uns pünktlich um halb 10 hin mit je einem Buch – und lasen. Sonst nichts. Keine Musik nebenbei, kein Mailcheck zwischendurch, kein Film im Hintergrund. Nicht mal das Telefon hat geklingelt, danke schön.

Am kommenden Montag folgt die nächste Lesestunde. Vielleicht gehen wir irgendwann sogar auf zwei pro Woche. Eine neue Ära hat begonnen. Sie ist so was von 20. Jahrhundert.

Aber vielleicht hat sie eine strahlende Zukunft.

29 November 2007

Musiktauschen im 21. Jahrhundert

Nur einen Song möchte ich von C., einen einzigen: „Moonshiner“, eine ältere Dylan-Coverversion von Cat Power. Doch sie befindet sich ausschließlich auf seinem iPod nano, die Originalquelle ist verschollen.

Spielen und löschen könnte man das Stück problemlos, aber das will ich gar nicht, sondern es mir einfach von ihm schenken lassen. Schließlich sind wir befreundet, dann darf man das, ohne sofort in den Knast zu wandern. Aber wie kriege ich es auf meinen iPod? Von diesen Geräten kann man ja nichts mehr runterkopieren. Eigentlich.

Bestimmt ist meine Methode eine Umstandskrämerei erster Kajüte, und jeder Computerfex östlich von Richmond lacht sich ein Loch in den Chip, doch ich starte TinkerTool, ein nützliches Programm, das versteckte Dateien sichtbar macht, natürlich auch die von C.s iPod nano.

Ich ziehe alle sonst unsichtbaren und kryptisch benannten Musikdateien aus seinem „Music“-Ordner in mein iTunes-Fenster. Das dauert nur eine Stunde. Am Ende ist mein freier Festplattenspeicher um fast vier Gigabyte geschrumpft, der Songbestand hingegen um fast tausend Titel gewachsen.

Und unter all den Massen von Tracks entdecke ich nach der alphabetischen Sortierung auch „Moonshiner“. Ich ziehe es in eine Wiedergabeliste, markiere alle anderen Songs von C. und lösche sie wieder aus der iTunes-Bibliothek.

Insgesamt hat die ganze Aktion nicht mal 90 Minuten gedauert, für einen knapp sechsminütigen Song. Trotzdem habe ich das Gefühl, zu Zeiten der Compactcassette wäre das alles einen Tuck einfacher gewesen.

Vielleicht verfärbt aber auch einfach die Nostalgie meine Erinnerung.

19 September 2007

Was Kohl mit Blutwurst zu tun hat



Neulich fiel mir eine 30 Jahre alte Ausgabe von Konkret in die Hände.

Ich stöberte amüsiert darin herum, seufzte nostalgisch und stieß gegen Heftende auf eine Reportage. Sie berichtete in recht überheblichem Ton von einer Tagung, auf der auch der damalige CDU-Kanzlerkandidat Helmut Kohl sich den Magen vollschlug.

Die hämische und im Rückblick so lachhaft falsche Prognose des Autors – Kohl schaffte später traumatisierende 16 Jahre Regentschaft – hat etwas Tröstliches und zugleich Beunruhigendes.

Sie zeigt: Niemand stehen Wesen und Schicksal dechiffrierbar im Gesicht geschrieben, seien es nun Kanzler, Serienkiller – oder Hexenazubis.



Ja, frau kann sich wirklich zur Hexe ausbilden lassen, wie ich erstaunt einem Aushang in der Marktstraße entnehmen darf. Es wird Kräuterkunde gelehrt und der Umgang mit Räucherwerk, im Mittelpunkt freilich stehen Magie und Rituale.

Die Pointe aber lauert am Ende der Seite, und dafür liebe ich die Hexenausbilderin sogar ein wenig: „Garantiert ohne Esoterik“ steht da. Haha.

Das klingt wie Blutwurst ohne Blut, Wasser ohne Nass, Kohl ohne Kanzlerschaft oder Schäuble ohne Lust auf Verfassungsbruch.

Womit wir wieder mal einen schier unmöglichen Bogen geschlagen haben. Aber mich stört’s ja nicht.

07 Juli 2007

Lauter Banalitäten, aber wenigstens musikalische

Bereits gestern hatte mich Heißhunger auf bretonische Harfenmusik gepackt.

Wahrscheinlich lag es an etwas Kreuzbanalem, vielleicht war beim Skippen durchs „Fernseh” (Poodle) irgendwo im Off ein Harfenpartikel aufgeblitzt und hatte mir à la Proust eine verschollene Erinnerung aus dem Gedächtnis gefischt.

Heute jedenfalls gestand ich Ms. Columbo diesen Heißhunger – und gleich darauf auch das Bedürfnis, ihn endlich zu stillen, hier und jetzt.

Gottergeben sah sie mir zu, wie ich zur LP-Sammlung schritt und drei 70er-Jahre-Alben der bretonischen Harfencombo An Triskell hervorzog, um eine nach der anderen umstandslos aufzulegen – nicht ohne in erklärendes Salbadern zu verfallen übers Weshalb und Warum dieses von ihr richtigerweise als „schräg“ rubrizierten Tuns.

Aus welchen Gründen ich Ms. Columbo dann aber mit Zeltingers Kölschpunk „Müngersdorfer Stadion“ malträtierte, bleibt unklar. Und warum bloß stellte ich uns danach unter die prasselndste Fremdschämvolldusche seit „Borat“, nämlich mit Udo Lindenbergs „Wozu sind Kriege da?“? Der Abend endete dennoch versöhnlich, dank eines Dylan-Bootlegs („The Genuine Basement Tapes“, Teil 3).

Wen das alles interessieren soll, liegt übrigens genauso im Dunkeln wie die Ursache meines Heißhungers auf bretonische Harfenmusik.

Hat eigentlich jemand die Vinylsingle „Blanc bleu rouge“ von An Triskell? Das Ding muss ich haben. Wirklich.

11 Juni 2007

Unsere Nacht im Grand Hotel Kempinski

Während der turbulenten G-8-Tage fiel es uns plötzlich wieder ein: Auch Ms. Columbo und ich nächtigten einmal exakt dort, wo just Putin, Bush und Merkel um das Schicksal der Welt rangen – im Grand Hotel Kempinski von Heiligendamm.

Dies freilich taten wir nicht aus Großmannssucht und auch nicht aufgrund jener besonderen Ausprägung übergroßer Prominenz, die sich ihrer selbst mit der Buchung eines 17-Sterne-Hotels versichern muss. Nein, auch wenn es empörend klingt: Es geschah aus purer Not.


Damals, es war kurz nach der Wende, waren wir mit unseren ungewaschenem roten Polo ins Blaue losgefahren, immer die Ostseeküste lang. Wo es uns gefiel, suchten wir uns eine Pension oder ein privates Zimmer, schritten die Seebrücken ab, aßen ein ortsübliches Fischgericht und zockelten bald weiter gen Osten.

Einmal kamen wir bei einer muffeligen Familie unter in Boltenhagen, Bad Doberan oder so, die uns das Zimmer nur unter deutlichen Anzeichen des Missmuts aufschloss. Hier war klar: Man mochte keine Wessis, doch anders kam man halt nicht über die Runden.

Entsprechend war der Service. Das Frühstück gab es in einer beängstigend überfüllten Küche, die gleichwohl sämtliche Wohnfunktionen zugleich erfüllen musste (wahrscheinlich, weil man uns das Wohnzimmer vermietet hatte). Mehrere familieneigene Blagen lümmelten sich
maulfaul mit uns an den Tisch, während Mrs. Missmut rauchend an der Spüle herumlärmte und die Waschmaschine ächzend vor sich hin öttelte.

Diese Unterkunft, so stellte es sich hinterher heraus, markierte das eine Ende des Spektrums, preislich wie in allen anderen Kategorien. Am anderen Ende lag das Grand Hotel Kempinski, natürlich.

Dabei planten wir in Heiligendamm die gleiche Vorgehensweise wie bisher: ankommen, durchs Dörfchen gurken, „Zimmer frei“-Schilder orten, klingeln, einziehen, Seebrücke, Fischgericht. Doch wir fanden keine „Zimmer frei“-Schilder. Heiligendamm war ausgebucht, auch ohne G 8.

Nur das Grand Hotel Kempinski nicht, wo wir uns schließlich verzagt an der Rezeption wiederfanden. Dort war man sehr gerne bereit, uns zu beherbergen, doch forderte man dafür einen geradezu empörenden Preis. Allein: Was blieb uns übrig?

Ich glaube, wir zahlten schmerzverzerrt umgerechnet 80 Euro für die Nacht; ein Preis, bei dem der heutige Hoteldirektor gewiss in Lebensgefahr geriete, wegen seines Lachanfalls.

Jedenfalls war es toll. Wir frühstückten an einem weißen Tisch auf englischem Rasen, die Ostsee fächelte uns eine bedeutungsvolle Brise zu, als huldigte sie unserer übergroßen Prominenz, und den Nachmittagskaffee nahmen wir im hoteleigenen Strandkorb zu uns, umhegt von behandschuhten Livrierten, wenn ich mich recht entsinne.

Doch wie gesagt: Das alles geschah aus purer Not. Ehrlich wahr.

23 März 2006

Das zynische Gesetz

Es sind traurige Tage für Musikfans. Wer künftig eine CD kauft, sagt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, darf nur dann noch eine digitale Privatkopie davon anfertigen, wenn kein Kopierschutz umgangen wird. Eine sehr, sehr merkwürdige Rechtsauffassung: Uns soll künftig zwar etwas grundsätzlich erlaubt sein, doch jede beliebige private Plattenfirma kann dieses Recht nach Gutdünken außer Kraft setzen, indem sie einfach eine CD technisch so verhunzt, dass sie nicht mehr kopiert werden kann. Zynisches Motto: Macht doch – wenn ihr könnt …

Wer dennoch privat kopiert, kann mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft werden. Zum Vergleich: Das Totprügeln eines Menschen bringt mindestens genauso lange Knast.

Es sind wirklich traurige Tage für Musikfans. Und für mich Anlass genug, meine Hommage ans Mixtape, die im Februar bei mindestens haltbar erschien, auch hier zu veröffentlichen – als nostalgischen Abgesang auf eine Ära, die gerade von einer kaltlächelnden Justitia zu Grabe getragen wird.


Wer den Text schon kennt, kann scrollen bis zur Top-3-Liste … Das Foto zeigt übrigens eine meiner ersten selbstbespielten Kassetten; sie ist über 30 Jahre alt und läuft immer noch.


Tape as tape can

Das private Mixtape prägte die Popgeschichte, motivierte millionenfach zu Albumkäufen. Kann seine Aura die digitale Ära überstehen? Ein sehr privater Rück- und Ausblick.

Mein erstes selbstaufgenommenes Tape war ein übler Mischmasch aus Schlager, Country, Bubblegum und Glamrock. Produziert hatte ich es auf jene klassische Weise, von der man immer nur nostalgisch lächelnd erzählen kann: mit dem Mikro am Radiolautsprecher.

Ich war ungefähr zwölf, das Radio stand im Esszimmer, und ich wurde leichenblass vor Panik, wenn meine Mutter hereinkam und Krach machte. „Mamaaaa!“, kreischte ich, aber natürlich nur innerlich, ich wollte ja die Aufnahme nicht vollends zerstören.

Mein erstes Tape ist verschollen. Doch es gab den Startschuss für eine ebenso spielerische wie todernste Leidenschaft: Sampler kreieren. Meine ganze Biografie steckt inzwischen in hunderten Mixtapes, alle Phasen, alle Gefühle, alle Lieben. Natürlich auch alle Depressionen, die ganz besonders.

Mixtapes wurden zum Soundtrack meines Lebens. Das Tagebuchschreiben hielt ich nur zehn Jahre durch, mit dem Aufnehmen von Samplern habe ich nie aufgehört. Sie wurden zu akustischen Tagebüchern, zu Gefühls- und Geschmacksprotokollen. Ich: ein Homo ludens, der Songs zusammensetzt zum Puzzle seines Lebens. Jedes Tape ein Fingerabdruck. Jedes eine Wundertüte mit bisweilen lächerlich heterogenem, auf jeden Fall aber einmalig kombiniertem Inhalt.

Und jedes ein Kommunikationsversuch. Denn natürlich nahm ich Tapes auf für Mädchen, in die ich verschossen war. Die Songs sollten ihnen gleichsam die Zartheit meiner Liebe und meines Charakters verdeutlichen; und liebten sie erst einmal die Songs, dann sicher bald auch mich.

So weit die Theorie. Einer Freundin, die mich öfter versetzte, kompilierte ich ein Tape, das beziehungsreich losging mit John Otways barmender Ballade „Waiting“. Auch der Rest des Tapes war komplett voll mit songgewordenen Vorwürfen, die ich mich verbal nicht zu artikulieren traute.

Die Beziehung scheiterte natürlich. Aber das Tape – seine Sicherheitskopie – muss hier noch irgendwo rumfliegen. Und ich brauche nur an Otways „Waiting“ denken, um die süße Verzweiflung jener Zeit wieder auf der Zunge zu schmecken.

Denn Songs gehen direkt ins limbische System, sie holen Gefühlsrelikte aus den tiefsten Tiefen der Erinnerung, sie sind Zeitreiseraketen. Und ein 90-minütiges Mixtape mit Patina schickt dich zurück in die Ära seiner Entstehung.

Irgendwann war mein Bestand auf über 700 Stück angewachsen. Und plötzlich gab es den CD-Rekorder – ein Quantensprung. Kein Herumspulen mehr, jedes Stück nur eine Skiptaste weit entfernt. Und wenn sich eins davon nachträglich als Gurke entpuppt, brennt man sich halt den Sampler neu, ohne dieses Stück.

Bald nach Kauf des CD-Rekorders begann ich damit, die Tapes, deren Magnetisierung allmählich verblasste wie die Farben alter Fotos, auf CDs zu überspielen. Eine monströse Aufgabe, natürlich noch immer unvollendet.

Derweil entstehen parallel neue Mixsampler auf CDs, die ersten davon leider auf allzu billigen Rohlingen, weshalb sie bereits anfangen kaputtzugehen. Ich kopiere sie beunruhigt um, sichere sie auf externe Festplatten, produziere MP3-Sicherheitskopien, brenne diese ebenfalls auf CD. Fast ein Vollzeitjob.

Und ein Wettlauf gegen die Zeit. Aber er muss sein, es geht schließlich um viel: um den Soundtrack meines Lebens. Gingen die Sampler verloren, es käme einer biografischen Amnesie gleich.

Für den nächsten Quantensprung sorgten die Downloadplattformen. Doch bisher haben sie keinen entscheidenden Einfluss auf meine akustischen Lebenstagebücher. Der Spieler, Jäger und Sammler in mir fühlt sich beleidigt, wenn er im iTunes-Suchfeld einfach „Greensleeves“ eingeben kann und 150 Songs zum Download angeboten bekommt, für je 99 Cent.

Das alles wird künftig noch viel einfacher. Es könnte schon bald Computer mit gigantischen Festplatten geben, die beim Kauf die gesamte verfügbare Musik vorinstalliert haben. Fürs Freischalten gewünschter Songs muss man dann nur noch die entsprechenden Codes kaufen. Die Rohstoffe für Sampler zu finden wird dann simpel sein. Man muss das Haus nicht mehr verlassen.

Doch ist das ein Traum oder ein Alptraum? Ich bin mir noch nicht sicher. Ich erinnere mich, wie ich jahrelang über Flohmärkte und Plattenbörsen schlich, um Bob Dylans rare Single „George Jackson“ aufzutreiben. Der Weg war sicher nicht das Ziel, doch er war beileibe auch kein Leidensweg. Die latente Vorfreude beim Entdecken einer interessanten Plattenkiste, das sanfte Kribbeln der Erwartung: All das gehörte zum Spiel, war Teil des Deals, den ich, der Jäger, insgeheim abgeschlossen hatte mit dem sich geschickt verbergenden Wild, der raren Single.

Und dann, nach fünf oder sechs Jahren des europaweiten Fahndens, fand ich sie plötzlich, und für diese aufschäumende Euphorie (die es gegenüber dem Händler zu verbergen galt, um eine gute Verhandlungsbasis zu erhalten) hatten sich die Jahre der Jagd gelohnt. Läge dieser Song einfach kostenpflichtig decodierbar auf meiner gigantischen Festplatte, dann hätte er wohl seine Aura eingebüßt.

Heute habe ich spaßeshalber bei Ebay nach „George Jackson“ gesucht. Ergebnis: vier Treffer; ich kann die Single einfach kaufen. Kein Thrill für den urzeitlichen Spieler, Jäger und Sammler, der als evolutionäres Erbe jedem von uns tief in den Genen schlummert. Er wird wohl aussterben. Die Allgegenwart von Musik macht ihn überflüssig.

Und was wird aus dem Mixtape als Idee, als Sammelbecken genialer Songs, als Zündfunke für Fan-Karrieren, als Inspirationsquelle, als Flirt-, Kontakt- und Kommunikationsversuch? Können Ordner im iPod die Aura des Mixtapes ersetzen? Können sie eine ebensolche Inspirationsquelle sein? Sind iPod-Ordner in der Lage, ganze Biografien akustisch zu verkörpern und zu bewahren, selbst wenn die iPod-Festplatte nicht kaputtgeht, was mir schon zweimal passierte? Ist digitale Musik – trotz der vielen Vorteile ihrer Handhabung – überhaupt in der Lage, die emotionalen Affekte der Popkultur als Fackel an die nächste Generation weiterzugeben?

Mein Feldversuch jedenfalls läuft noch. Mit den bisher digitalisierten Tapes habe ich inzwischen den iPod gefüttert. Mein ganzes Leben in einem kleinen Kasten, kleiner als eine Zigarettenschachtel.

Ich habe ihn immer dabei. Ginge unser Haus in Flammen auf, die restlichen Tapes würden verglühen, doch meine Songs, mein Leben: Es wäre gerettet.

Ein schönes Gefühl.

Ex cathedra: 3 Songs vom oben abgebildeten Tape
1. „Hell raiser“ von The Sweet
2. „One and one is one“ von Medicine Head
3. „Roland the roadie and Gertrude the groupie“ von Dr. Hook & The Medicine Show