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19 August 2017

„Wir sind hier nicht beim Hallenhalma“

Fein, endlich ist wieder Fußballbundesliga! Neben rasantem Ballsport wird es nach den Spielen allerdings auch wieder die üblichen Interviews geben, bei denen Trainer und Kicker ihre in PR-Seminaren auswendig gelernten Sprüche runterleiern. Bekannt und gefürchtet ist dieser Stil als „Lahmsprech“. 

Die Herausforderung für uns, denen man dieses inhaltsarme Deppengedengel aus der Semantikvorhölle zumutet, besteht nun eine weitere Saison lang darin, aus dem automatisch Dahergesagten das wirklich Gemeinte herauszufiltern. 

Hier folgen daher einige Handreichungen, um wenigstens ein paar der windelweichsten Floskeln dieser Aufsagroboter in kurzen Hosen dechiffrieren zu können.

  1. Der Spieler sagt: „Ein Riesenkompliment an die ganze Mannschaft.“
    Was er damit sagen will: „Trotz der Rumpelfüßler um mich rum hab ich zwei geile Buden gemacht – und es wären mindestens vier geworden, wenn diese heillos überbezahlten Vollhorste mehr könnten als nur rammdösig geradeaus laufen.“
  1. Der Trainer sagt: „Der Knackpunkt war die Rote Karte.“
    Was er damit sagen will: „Wenn der Horsti nicht mal in der Lage ist, seinen Gegenspieler hinterm Rücken des Schiri amtlich ins Spital zu grätschen, dann kammer halt nicht gewinnen. Isso.“
  1. Der Trainer sagt: „Wenn unser Neuner den macht, ist das Spiel gelaufen.“
    Was er damit sagen will: „Wieso unser taubblinder Spodi diese Flasche leer überteuert von einem slowenischen Zweitligisten losgeeist hat, weiß wahrscheinlich nicht mal Didi Beiersdorfer.“
  1. Der Spieler sagt: „Dass ich das Tor gemacht habe, ist völlig zweitrangig. Wir haben alle gemeinsam gewonnen.“
    Was er damit sagen will: „Hoffentlich hat Kloppo die Übertragung gesehen.“
  1. Der Trainer sagt: „Zum Schiedsrichter äußere ich mich nicht.“
    Was er damit sagen will: „Ich weiß, wo seine Karre steht. Und wie gut sie brennt.“
  1. Der Spieler sagt: „Nach dem null zwo war bei uns die Luft raus.“
    Was er damit sagen will: „Ich kriege pro Woche 100.000 Tacken, und mein Vertrag läuft noch drei Jahre. Wenn Sie verstehen, was ich meine.“
  1. Der Trainer sagt: „Gegen so einen Gegner musst du über den Kampf ins Spiel finden.“
    Was er  damit sagen will: „Meine von einem Speditionsmilliardär zusammengestückelte Gurkentruppe hat die Technik eines Spülkastens – und leider auch Calli Calmunds Laufbereitschaft.“
  1. Der Spieler sagt: „Wir sind hier nicht beim Hallenhalma.“
    Was er  damit sagen will: „Wegen dem bisschen Schultereckgelenkssprengung soll die Pussy sich mal nicht so anstellen. Er lebt doch noch, oder? Also.“

Soweit ein erster (natürlich untauglicher) Versuch, den gleichgeschalteten Verbaldefensivkünstlern die Masken von der Diplomatenfresse zu reißen. Was ziemlich schwer ist, denn gegen tiefstehende Gegner ist es nie leicht. 

Aber wenn wir kompakt stehen und ihre Räume eng machen, dann Gnade ihnen Kahn!



                                                                                

30 November 2007

Eine leereiche Erfahrung

Heute hat die Biathlonsaison begonnen. Ms. Columbo hasst Biathlon. Sie fühlt sich von dieser Sportart verfolgt und bedrängt, und ihr dauerhaftes Vorkommen in Nachrichtensendungen ist für sie ein Drangsal ersten Ranges.

„Von November bis April ist Biathlon!“, ruft sie empört aus, „und dazwischen habe ich Angst davor, dass es wieder losgeht!“ Ich bin total hilflos. Als derjenige, der sie vor den Übeln und Gefahren dieser Welt schützen soll und will, versage ich in dieser Beziehung total.

Biathlon ist mir über. Es ist wirklich überall, und auch ich entwickle unterm Einfluss von Ms. Columbo bereits Aversionen gegen diese Sportart, die in ihrer ganzen Machart etwas Lächerliches hat.

Auf Skiern durch die Gegend zu rutschen, um sich plötzlich in obszöner Breitbeinigkeit flach auf den Bauch zu werfen (vor allem für Männer nicht ohne Risiko!) und hechelnd auf eine Scheibe zu ballern, die einem nicht das Geringste getan hat: Das muss man Menschen mit absonderlichen Neigungen natürlich grundsätzlich zugestehen, solange sie die öffentliche Sicherheit nicht gefährden. Doch warum stehen dabei immer Fernsehteams Stativ bei Fuß und bringen Biathlonberichte ins heute journal? Und zwar von November bis April?

Um Ms. Columbo von dieser langen, schrecklichen Zeit, die ganz Deutschland von nun an wieder mal bevorsteht, ein wenig abzulenken, zitiere ich eine Mail von heute. Eine Promoterin, die ihre Plattenfirma verlässt, verabschiedete sich von uns mit dem Satz: „Ich danke Euch allen für 2,5 leereiche Jahre.“

Manchmal denke ich, Freud hatte doch Recht.

PS: Schlimm übrigens, dass Ms. Columbo jetzt auch in diesem bisher biathlonfreien Blog auf Biathlon stößt. Waaaah!

05 November 2007

Von Pumpen und Ratten

Zum ersten Mal im Leben Kegeln gewesen, in „Frank’s Kegel-Eck“ in Eimsbüttel. Fazit: sehr unterhaltsam. Wenn man vom Finanziellen absieht.

Anfangs warf ich einige sogenannte Pumpen; ein erfahrener Kollege nannte diese öffentlichen Blamagen auch Ratten, wahrscheinlich um mich aufzumuntern. Das ist, wenn du die Kugel so lachhaft mies wirfst, dass sie von der Bahn abkommt und sich via Regenrinne elegant an den stumm feixenden Kegeln vorbeidrückt. Matt: zero points.

Während ich dafür mit Spott, Gejohle und einer eisig schmallippig kuckenden Teamkapitänin davonkam, erwiesen sich meine größten Erfolge als letztlich schlimmer. Sie bestanden nämlich aus zweimal alle Neune, yeah.

Dafür aber wurde jedesmal, wie die zahlreichen Experten mir eilfertig und erwartungsfroh erklärten, eine Runde Saure für alle fällig. Alle: Das waren 18 Kegler. Dennoch überwog die Freude. Ich meine: alle Neune!

Insgesamt schlug ich mich recht passabel. Nur blöd, dass ich einmal die Kugel frohgemut und vehement Richtung Kegel drosch, die putzigen Gesellen aber von der drögen Automatik noch gar nicht wieder hingestellt worden waren. Der Spielleiter, das muss ich gestehen, hatte sogar noch verzweifelt an die Scheibe hinter mir geklopft, hatte „Matt, stopp! STOPP!“ geschrien, doch im Ignorieren wohlgemeinter Ratschläge bin ich spitze.

Die Aktion zählte natürlich trotz null umgeworfener Kegel nicht als Pumpe resp. Ratte, denn die Kugel war ja 1a die Bahn entlang gerollt; nur stand halt am Ende nix rum.

Am nächsten Tag zwickte es Ms. Columbo im rechten Oberschenkel, ich verfügte über Muskelkater im linken Glutaeus maximus.

Vom Kegeln! Sachen gibt’s.

19 August 2007

Meditieren auf der Reeperbahn

Mehrfach jährlich herrscht hier auf dem Kiez die sonische Hölle. Zum Beispiel beim Schlagermove („Fiesta Mexicana“-grölende Kampftrinker in Schlaghosen), dem Christopher-Street-Day (Tunten in Tüll und Karnevalsklamotten) oder den Harley Days (rollende Bierbäuche mit applizierten Graubärten).

Müsste ich mich entscheiden, welchen dieser empörenderweise sogar polizeiunterstützten Terrorakte ich zum Teufel wünschen sollte, so fiele mir das leicht: alle drei.

Außerdem gibt es hier noch ein Radrennen, die CyClassics. Auch das führt zu Lärmentwicklung. Denn tausende von Menschen stehen gewöhnlich an der Strecke und nerven akustisch die schutzlosen Fahrer.

Doch dank der Tour de France war heute alles anders. Zwar rauschte das Fahrerfeld zig-mal über die Reeperbahn, nur stand da kaum jemand rum. Radelnde Chemiedepots? Braucht wohl keiner mehr.

Weil aber natürlich trotzdem alles für den Autoverkehr gesperrt war, herrschte heute auf dem Kiez plötzlich eine himmlische Ruhe. Dafür danke ich Leuten wie Ullrich, Fuentes und Sinkewitz von Herzen. Bitte immer weiterspritzen, ja?

Natürlich nutzte ich auch die unverhoffte Chance, mich mal mitten auf die verwaiste Reeperbahn zu stellen und diese sonst tagtäglich so gequälte Straße einmal im verträumten Dämmerzustand zu fotografieren.

Ein bisschen war’s wie meditieren. Ommm.

02 August 2007

Audienz beim Fußballgott

Natürlich, objektiv gesehen ist das völlig gaga, schon klar. Doch für mich hat es etwas unbeschreiblich Erhebendes, im gleichen Stadion ein- und auszuatmen wie Alessandro Del Piero

Nur wenige Meter von mir entfernt schreitet der Fußballgott zur Eckfahne, und ich bin verzückt, auch wenn der Ball im Strafraum versandet. Hach, der Atem der Fußballgeschichte! Am Ende verliert Del Piero mit Juventus Turin 0:1 beim HSV in einem bedeutungslosen Testspiel, das ich mir jedoch legendär zu reden versuche. Denn wir sehen nirgends Fernsehkameras, diese Partie findet unter Ausschluss der medialen Öffentlichkeit statt, und das hat man ja heutzutage nicht mal mehr auf dem Kiez

Mir wird ganz pathetisch beim Gedanken daran. „Dieses Spiel“, raune ich dem Franken zittrig zu, „wird ausschließlich in unserer Erinnerung weiterexistieren!“ „Und auf tausenden Digicams“, lässt der tumbe Aurakiller ungerührt die Luft aus meinem Pathos und filmt den nächsten Freistoß. 

Verdammt, er hat Recht. Also knipse ich Del Piero, wie er sich den Ball zur Ecke zurechtlegt. Ein Moment, den mir niemand mehr nehmen kann.  

PS: Hier gibt es drei Minuten lang Del-Piero-Tore.

01 August 2007

Sinkewitz’ gelöschte Lüge



Wieso eigentlich kaufen die Chinesen plötzlich unsere ganze Milch? Ich dachte immer, sie könnten sie gar nicht verdauen.

Nein, mit Logik kommt man manchmal einfach nicht weiter. Zum Beispiel gibt es Radrennfahrer, die schmieren sich abends ein Testosterongel auf den Arm, obwohl sie wissen, dass der Missbrauch der Paste pipileicht auffliegt.

Wie Patrik Sinkewitz, der heute endlich alles zugegeben hat. Am 18. Juli klang das noch einen Tuck anders, wie mein vorsorgliches Bildschirmfoto seiner Webseite dokumentiert.

Seitdem habe ich auf zweierlei gewartet: auf Sinkewitz’ Einknicken und das Verschwinden seines Dementis. Heute geschah beides. Er gab alles zu, und unterm 18. Juli steht auf einmal etwas ganz anderes.

Pinocchio Sinkewitz hat die dreiste Lüge flugs gegen ein dopingbereinigtes Bulletin ausgetauscht; jetzt betreibt der Mann auch noch Geschichtsklitterung. Ts, ts.

Übrigens verdamme ich das Lügen nicht grundsätzlich; schließlich soll das jedem von uns rund 200-mal pro Tag unterlaufen, meistens unmerklich. Doch man sollte lieber keine Lüge wagen, deren Entdeckung einen dazu zwingt, monatelang mit hochrotem Kopf rumzulaufen.

Sinkewitz tat fatalerweise genau das, und er dachte, jetzt lösch ich den peinlichen Quatsch einfach und behebe damit das Problem. War aber nix.

Uns Normallügnern droht gemeinhin nur dank eines Sonnenbrands ein hochroter Kopf, doch den zu erwerben fällt in diesem grausamen Juli immens schwer. Dafür bietet der pflichtvergessene Monat wenigstens weiterhin den Vorteil eines actionreichen Himmels.

Über den Kiez ziehen zurzeit gewaltige Wolkenwattebäusche, die geformt sind wie Walhaimünder oder wie Riesenmäuseköpfe mit liegenden Nixenkörpern. Manche sehen sogar aus wie der Drache Fuchur, und einer erinnerte mich geradezu an ein plattes Fahrrad.

Wobei der letzte Vergleich erstunken und erlogen ist. Aber sonst stimmt alles, ehrlich.

26 Juli 2007

Doping, überall

„Ich fahre nicht mehr Rad. Die sind ja eh alle gedopt“, hat Jan Ullrich der Zeitschrift L’Equipe gesagt. Er meinte das witzig. Doch der Wahlschweizer ist einfach kein Harald Schmidt – und sagt unfreiwillig nur was über sich selbst.

Apropos Chemie auf zwei Rädern: Ich plante heute bei der Leitung der Tour de France anzuregen, die beiden Führenden Rasmussen und Contador einfach allein fahren zu lassen, weil offenbar nur sie unter den absolut gleichen Voraussetzungen antreten.

Dummerweise wurde aber kurz vorm Klick auf den Sendeknopf Rasmussen rausgeschmissen, so dass mein hübscher Vorschlag verpufft. Natürlich könnte man auch Contador ganz alleine fahren lassen, was ebenfalls seine Reize hätte.

Nachteil: Die Zuschauer müssten sich um die dramatisch reduzierte Anzahl weggeworfener Trinkflaschen – die begehrtesten Toursouvenirs – geradezu prügeln. Und das kann keiner wollen; es gibt eh zu viel Gewalt auf der Welt.

Apropos Gewalt: „Ich mach das tot!“, droht der Franke lauthals dem Insekt, das gerade in einer Ritze der Fensterbank verschwunden ist. Kramer versucht die Kreatur zu retten, doch beeinflusst von jüngsten mittäglichen Diskussionen um Sein oder Nichtsein faselt der Franke sarkastische Sachen wie: „Es stirbt ja nicht, es wird nur eins mit dem Weltganzen!“

In diesem Moment wird mir klar, warum Esoteriker nicht einfach nur nette Spinner sind. Obwohl der Franke natürlich gar keiner ist, das muss hier klargestellt werden. Doch manchmal verhelfen einem auch Leute zu Erkenntnissen, die das Gegenteil derer sind, die einem eigentlich zu diesen Erkenntnissen verhelfen müssten.

Mann, was für ein mäanderndes Gefasel heute … Gerät dieses Blog etwa allmählich an seine Grenzen? Vielleicht sollte ich einfach nicht mich, sondern den Staffelstab übergeben, und zwar an Anna oder Olaf.

Obwohl auch die beiden manchmal wirken wie gedopt.

PS: Wie so oft seht das heutige Davidstraßenfoto in einem allenfalls krampfhaft herbeigebogenen Zusammenhang mit diesem Beitrag. Komischerweise ist mir das aber völlig egal.

23 Juli 2007

Fundstücke (34)

1. Neulich schlenderte ich durch die Kastanienallee, wo auch das bezaubernde Bordell Leierkasten seinen triebgenerierten Betrieb betreibt. Im Schaufenster meines Whiskyhändlers bemerkte ich im Vorübergehen ein hübsch dekoriertes Flaschenarrangement. Allerdings war mir die Marke des Alkoholikums völlig unbekannt: Es hieß „Ficken“.

Das Stöffche dürfte unabhängig von seiner objektiven Qualität vor allem in die Mallorquiner Schinkenstraße passen wie die Faust aufs Maul – Sangria war gestern. Auf der Webseite des Hersteller wird übrigens gerade ein „Rückenetikettenspruchwettbewerb“ durchgeführt, was ich vorbehaltlos unterstütze, weil der Fickenlikörhöker es mit dieser Schreibweise überraschend schafft, in keine der aufgebauten Deppenbindestrichfallen zu tappen. Kompliment.

2. Arne Beekmann vom Hannoveraner Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung sucht für eine wissenschaftliche Studie Leute, die schon einmal private oder kommerzielle Blogs genutzt haben. Betroffen sind also quasi alle, die hier mitlesen. Wer mag, kann den Fragebogen ausfüllen; habe ich auch getan. Und warum? Weil’s der Wahrheitsfindung dient.

3. Neulich lieferte GP mit dem Satz des Tages auch zugleich eine neue Diagnosemethode: „Ich vergesse immer, wo ich parke – Parkinson!“ Genial.

Dazu passt ein hübscher Patzer der Sportstudiomoderatorin Katrin Müller-Hohenstein vom letzten Samstag. Im Interview mit dem Formel-1-Küken Sebastian Vettel informierte sie ihn so gekonnt wie nebenbei über ihre Sachkenntnis in Sachen Motorsport: „Immer nur testfahren ist auch nicht gut – irgendwann braucht man auch mal Fahrpraxis.“

Sie weiß offensichtlich nicht, dass wahrscheinlich niemand auf der Welt mehr Kilometer runterreißt als ein Formel-1-Testfahrer. Zu Vettel fällt mir übrigens sofort der passende Song ein: Paul Simons „Baby Driver“, hier auch zum Reinhören.

4. Als ausgewiesener Kalauerfan muss ich diesem Schlusssatz einer Promotermail von heute höchsten Respekt zollen: „Yehudi desto Menuhin!“ Doch genug des Lobes – demnächst gibt es zum Ausgleich wieder mal eine Reihe von Fehlleistungen jener Berufsgruppe. Freut euch drauf.

16 Juli 2007

Sehr geehrter Jan Ullrich!

Datum: 11. Juli 2007 22:44:51 MESZ
An: jan@janullrich.de


Sehr geehrter Herr Ullrich,

ich habe auf Ihrer Homepage gelesen, Sie seien für ein großes Enthüllungsinterview auf der Suche nach dem richtigen Medium, eins, dem Sie vertrauen können und das Ihre Wahrheit unverfälscht druckt.

Nun, Sie haben es gerade gefunden: mein Weblog „Die Rückseite der Reeperbahn“!

Warum ein Weblog?, werden Sie sich fragen. Nun, dafür gibt es Gründe.
Ein Weblog ist supermodern, unmittelbar und interaktiv, und die alten, verkrusteten Medien – also jene, die sich die Wahrheit solange zurechtbiegen, bis sie zu den Werbekunden passt –, schauen zurzeit schockstarr auf Weblogs, weil dort genau die aufregenden Dinge passieren, die sie, die alten Medien, sich wegen ihrer Verstrickungen in die Verwertungszusammenhänge des Raubtierkapitalismus längst nicht mehr trauen (dürfen).

Also sollte das Medium Ihrer Wahl unbedingt ein Weblog sein, zumal Sie damit eine überraschende Affinität zum Zeitgeist signalisierten, die Ihnen – seien wir ehrlich – viele nicht mehr zutrauen.

Unbedingt ein Weblog also! Kein Beckmann, kein Aust, kein DiLorenzo. Und ich hoffe, Sie erwählen mich als Blogpartner für die große Jan-Ullrich-Geschichte.

Sie wären damit, wie ich nicht ohne Stolz behaupten kann, in den besten Händen. Seit vielen Jahren habe ich Erfahrung mit Interviewpartnern (darunter Sharon Stone, Lemmy von Motörhead oder der Hochstapler Gert Postel). In meinem täglichen Blog erzähle ich dagegen meist vom drogengeprägten Leben auf St. Pauli (natürlich nur Astra und Schnaps, haha ...).

Und ebendort, auf St. Pauli, sind wir uns auch schon einmal begegnet: Bei den HEW-Classics nämlich stand ich irgendwann Anfang des 21. Jahrhunderts mal am Rande der Reeperbahn, als Sie Teufelskerl in nullkommanix an mir vorbeirasten. Wahrscheinlich haben Sie mich gar nicht gesehen, ich Sie aber.

Als Interviewer, das kann ich Ihnen jedenfalls versichern, bin ich ein einfühlsamer und kompetenter Gesprächspartner, dem nichts ferner liegt als die Verdrehung von Fakten. Hart in der Sache, sanft im Ton: mein Motto.

Mit zurzeit täglich rund tausend Besuchern kann ich Ihnen zudem eine zunächst mittelgute Verbreitung im Internet zusichern, die sich durch unser großes Enthüllungsinterview aber sofort ins Unermessliche steigern würde. Kurz: Wir würden beide enorm davon profitieren, es wäre eine perfekte Win-Win-Situation – und Sie als Spitzensportler wissen ganz genau, was das bedeutet.

Wann sollen wir uns zum Vorgespräch treffen, um die Rahmenbedingungen abzuklären? Für einen Terminvorschlag bin ich jederzeit offen, auch noch während der Tour de France. Denn die gucke ich sowieso nicht mehr, seit Sie nicht mehr dabei sind.

Mit herzlichsten Grüßen und in der Hoffnung auf eine baldige Antwort empfiehlt sich

Ihr Matthias Wagner

Erläuterung: Bereits vor fünf Tagen mailte ich Jan Ullrich dieses Angebot. Seine Reaktion? Null. Deshalb jetzt dieser öffentliche Aufbau einer Druckkulisse. Ich will doch nur sein Bestes.


30 Juni 2007

Mein Dauerkartenversuch

Klar. Selbstverständlich. Natürlich reserviere ich mir den Vormittag meines letzten Urlaubstags für die Schlange vorm Fanladen des FC St. Pauli, schließlich will ich eine Dauerkarte für die nächste Saison.

Ich bereite mich vor wie auf eine Expedition. Als ich am Stadion ankomme, bin ich bestens gerüstet: mit Mütze und Schirm (gegen den Regen), Winterjacke (gegen den empörend bissigen Juniwind), anderthalb Liter Mineralwasser (gegen den Durst) und aktuellem Spiegel (gegen die Langeweile).

Nur ein Klappstuhl fehlt, was mir aber erst nach anderthalb Stunden millimeterweisen Vorrückens unangenehm auffällt. Ich ertappe mich sogar dabei, den Rollstuhlfahrer hinter mir zu beneiden, schäme mich aber nur ein ganz klein bisschen.

Endlich habe ich mich vorgekämpft bis ins Innere des Containers; es ist, als stünde man vor der Himmelspforte. „Eine Dauerkarte für die Haupttribüne“, sage ich erschöpft und glücklich zu Petrus, „letzte Saison hatte ich noch keine, aber hier ist mein Mitgliedsausweis.“

Petrus schaut mich an. Und sagt irgendwie milde: „Tut mir Leid, ich kann dir keine verkaufen. Die bisherigen Kartenbesitzer haben ein Vorkaufsrecht. Nur wenn danach noch welche übrig sind, hast du vielleicht eine Chance. Aber die ist klein.“

Etwas in mir zerbricht, doch zum Glück sehr leise. Die anderen in der Schlange hören es nicht. Sie schweigen auch alle taktvoll. Das ist St. Pauli, yeah.

Als ich am verlorenen Vormittag meines letzten Urlaubstages zerbrochen aus dem Container schleiche, verstaut der Rollstuhlfahrer am Nachbarschalter gerade seine Dauerkarte in der Geldbörse und zockelt davon.

Ich folge ihm unbemerkt. Jetzt weiß ich, wo er wohnt. Nur für den Fall, dass ich nach der Verkaufsphase für die Vorsaisondauerkartenbesitzer doch nicht zum Zug kommen sollte. Aber so weit wird es nicht kommen.

In seinem Interesse.

07 Juni 2007

Wie ich heute Abend den deutschen Sieg herbeigepinkelt habe

In der 42. Minute des Spiels Deutschland-Slowakei entschließe ich mich auf gewissen Druck von innen, dem Halbzeitansturm auf die Toiletten zuvorzukommen und eile schon mal treppab.

Ich habe noch nicht einmal die Hose auf, da wogt natürlich verdammt noch mal der Jubel übers 2:1 (Hitzlsperger per Kopf, wie ich später erfahren soll) auch in die hinterste Kabine. Den Toilettengang absolviere ich routiniert, doch innerlich fluchend; manche meiner Schicksalsgenossen hier belassen es hingegen nicht bei stiller Kontemplation.

Zurück auf der Tribüne erwartet mich der fröhlich feixende Franke, der mir genussvoll Entwicklung und Vollendung des Tores unter die Nase reibt. Dabei schält sich eine fränkische Theorie heraus, die offensichtlich Folge temporärer Umnachtung ist.

Der völlig Verwirrte nämlich sieht meinen Toilettengang in einem unbestreitbaren Zusammenhang mit Hitzlspergers Kopfballtreffer. Geduldig erläutere ich ihm den essenziellen Unterschied zwischen Kausalität und Koinzidenz, doch barsch wischt er alles beiseite. Ich war pieseln, derweil ein Tor fiel: Das reicht dem katholisch vorgeschädigten Franken vollkommen, um eine direkte Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen beiden Ereignissen herzustellen.

Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Viel mehr hat der Muffelkopf heute Abend auch nicht mehr zu bieten. Ob wir anderen 51.499 Zuschauer uns nun hinfort heiser schreien, in Rage klatschen, aufspringen oder die Welle machen: Der Franke sitzt da und rührt kaum ein Glied. „Bin doch kein Kleinkind“, grummelt er.

Stattdessen beginnt er mich ab der 60. Minute zu einem weiteren Toilettengang aufzufordern. Dabei liegen ihm keinerlei Indizien für die Notwendigkeit desselben vor. „Wir brauchen noch ein Tor“, brummt er.

Ich freilich bin höchst unwillig, mich zum bloßen Erfüllungsgehilfen eines auf meine Toilettengewohnheiten abgestimmten Schicksals degradieren zu lassen. Schließlich habe ich den Eintrittspreis im festen Willen entrichtet, mich gerade den Höhepunkten der Partie mit besonderem Genuss zu widmen. Und einen davon habe ich ja bereits verpasst, unter denkbar unwürdigen Umständen.

Ich bleibe also unbeirrt sitzen. Irritierenderweise wirkt das Spiel in der Folge wie eingefroren, es will auf dem Platz einfach nichts Spektakuläres mehr geschehen, selbst Strafraumszenen kommen inzwischen seltener vor, als Flugzeuge die Arena überqueren.

Für den Franken tragen daran jedoch nicht etwa Lahm, Frings, Gomez oder Rolfes die Hauptschuld; nein, mich klagt der Irre an. Meine störrische Weigerung, erneut die Toilette aufzusuchen, verhindert also eine ganze Halbzeit lang die Sicherheit im deutschen Spiel, die ein 3:1 zweifellos bedeutet hätte.

Ich müsste gehen, dann käme der Erfolg. Doch ich bleibe hier sitzen, und so tappt auch das Spiel entschlossen auf der Stelle. Nur der Franke entwickelt sich: Er wird immer sauertöpfischer.

Am Ende kann ich mir wenigstens den herbeigepinkelten Siegtreffer anrechnen lassen. Schönes Tor übrigens; ich habe gerade zu Hause die Aufzeichnung gesehen.

30 Mai 2007

Ganz schön Wunder-bar

Am 28. April besiegte der FC St. Pauli das Team aus Ahlen mit 3:0, auch wenn der kicker zwischenzeitlich etwas ganz anderes gesehen haben wollte.

Mit im Stadion war die Hamburger Band Wunder und drehte Material für ihr neues Video „Stadionlicht“, das es hier und heute taufrisch zu sehen gibt.

Die getragene, schwelgerische Ballade passt zwar nicht ganz zur gezeigten Euphorie im Stadion, doch wahrscheinlich will die Band uns damit nur sagen, dass in jeder großen Freude schon klammheimlich das Unglück keimt.

Und umgekehrt natürlich, sonst wäre das alles ja auch gar nicht zu ertragen.




27 Mai 2007

Letzte Geheimnisse: Das Herrenklo (5)

Einiges wird sich auch in der 2. Liga im Stadion des FC St. Pauli nicht ändern. Zum Beispiel das konsequent durchgezogene Containerprinzip.

Das Pressezentrum: ein Container. Die Toiletten: ebenfalls Container, natürlich nach Geschlechtern getrennt.

Gästefans werden sich also an einiges gewöhnen müssen. Auch an Klosprüche wie den abgebildeten, den ich am Freitag an der Wand des Herrenklocontainers entdeckte.

In ihm steckt so etwas wie die politische Essenz des klassischen St.Pauli-Fans: Er ist durch und durch antifaschistisch, möchte diese Einstellung aber selbst gegen Rechte möglichst nicht mit einfacher körperlicher Gewalt durchsetzen. Also gibt er allen Nazis einfach einen gut gemeinten Rat, den sie doch bitte tunlichst selbst in die Tat umsetzen sollen: „Geht sterben.“

So ist der klassische St.Pauli-Fan: konsequent meinungsstark, doch immer bereit zur Deeskalation.

Die 2. Liga darf sich freuen auf uns.

26 Mai 2007

Nie mehr dritte Liga, nie mehr!



Warum habe ich nur das dumpfe Gefühl, die Aufstiegsparty heute Nacht auf dem Kiez könnte – im Sinne des Kyoto-Protokolls – nicht völlig klimaneutral über die Bühne gegangen sein?

24 Mai 2007

Hier alle Infos zum „Public Viewing“ St. Pauli gegen Dynamo Dresden!



Ja, kommt alle vorbei, die ihr mühselig und beladen seid – oder dir ihr Informationen über das morgen Abend stattfindende „public viewing“ auf dem Spielbudenplatz sucht.

(Ich konnte mit dem Wissen nicht mehr leben, dass die unzähligen „public viewing“-Googler frohgemut hier landen und dann wieder frustriert davonschlurfen müssen. Deshalb.)

21 Mai 2007

Warum das Nationalteam gegen den FC St. Pauli keine Chance hat

Jetzt ist es also wirklich wahr geworden: Der Franke hat eine Karte übrig. Für Freitagabend. Für das Spiel.

Um halb acht wird der FC St. Pauli am Millerntor zum ultimativen Showdown gegen den Aufstiegskonkurrenten Dynamo Dresden antreten, und wenn dabei auch nur ein lächerliches, meinetwegen auch atomares Pünktchen herausspringen sollte, dann wird der Kiez beben wie einst im Mai (der ein Januar war), als mein kleiner Stadtteilverein in einer gloriosen Pokalschlacht Werder Bremen mit 3:1 aus dem Rotlichtviertel fegte.

Wenn also dieses eine winzige atomare Pünktchen hier bliebe am Freitagabend, dann wären wir – ja: wir! – zurück im Profifußball. Und der Franke hat für dieses Spiel, nach dem sich mehr als 50.000 Fans vergeblich verzehren, eine Karte, und zwar übrig.

Um den in moralischen Fragen schwankenden Franken vor einer von reiner Profitgier geprägten Entscheidung (ich sage nur: Schwarzmarkt!) zu bewahren und natürlich auch zur Rettung seines Seelenheils unterbreitete ich ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte: Ich bot ihm im Tausch eine Karte fürs Länderspiel Deutschland–Slowakei am 6. Juni. Und der herzensgute Süddeutsche schlug ein.

Aber warum habe ich das überhaupt getan? Ich meine: Der Franke bekommt ein waschechtes EM-Qualifikationsspiel in der landesweit modernsten Arena vor 55 000 Leuten. Und was bietet er?
Das:

Ein Spiel der dritten Liga in einem wackligen Stadiönchen mit Baulücke statt Südtribüne, in dem Leute auf einer hölzernen Plattform herumkrauchen und per Hand Zahlenschilder an Haken aufhängen, wenn ein Tor gefallen ist; ein Stadion, in dem man von manchem Ort aus die Spieler auf der gegenüberliegenden Seite nur wadenaufwärts sieht, weil der störrisch eigenwillige Rasen geruht, sich buckelartig zu wölben – wenn man überhaupt Spieler sieht, denn bei einem Stufengefälle von gefühlten zwei Zentimetern steht dir gewöhnlich ein stattlicher Norddeutscher fahnenschwenkend oder bierbecher(Foto)werfend vor der Nase, vor allem dann, wenn gerade ein Angriff erfolgreich abgeschlossen zu werden droht und gerne auch bei Ecken, Elfmetern, Syndesmoserissen oder jedweder anderen Spielsituation, die optisch wahrzunehmen durchaus einen gewissen Reiz hätte, wenn man genau für solche Momente Eintritt gezahlt hat.

Und dennoch, trotz alledem, gleichwohl, nichtsdestotrotz und verdammt noch eins tausche ich leichten, gar frohen Herzens meine Länderspielkarte gegen das Ticket für Freitagabend; ja, insgeheim befürchte ich sogar, den Franken damit übers Ohr gehauen zu haben.

Kann mir bitte mal jemand diesen Widersinn so erläutern, dass auch ich ihn verstehe?

17 Mai 2007

Nichts als Blutgrätschen

Der Franke hat auf prominente Sportler die gleiche Wirkung wie eine professionell geworfene Bowlingkugel auf die Kegel am Ende der Bahn. Womit fing es an? Ich glaube, mit Mehmet Scholl.

Diesen von ihm verehrten Fußballer plante der Franke zu interviewen, und kaum lag der Antrag beim Management, verdrehte sich Scholl das Knie und musste eine lange Zeit damit überbrücken, Rocksampler zusammenzustellen. Außerdem verstärkte sich sein Haarausfall.

Wenig später traf der Franke den belgischen Powerbrocken Daniel van Buyten, damals noch beim HSV; nach dem Interview allerdings musste der sonst so robuste Riese sich monatelang der unnachgiebigen Strenge orthopädischer Fachleute unterwerfen.

Als Benny Lauth auf dem Höhepunkt seiner Fußballkunst nach Hamburg wechselte, bat ihn der Franke um ein Gespräch, was das sofortige Ende von Lauths Nationalmannschaftskarriere bedeutete; selbst beim HSV drückte er die Ersatzbank hinfort öfter als seine Freundin. Noch heute rätselt Lauth-Fan Kramer, warum dieser hochtalentierte Spieler sein Potential nie ausschöpfte. Ich sage dazu nur zwei Worte: DER FRANKE.

Viel furchtbarer noch traf es aber bald darauf den damaligen Shootingstar Patrick Owomoyela, der nach einem Date mit dem Würzburger Unglücksraben aus dem WM-Kader flog.

Inzwischen hat sich der voodoohafte Einfluss des Franken sogar zu einer fatalen Fernwirkung erweitert. Als ich ihn neulich fragte, wo ich Pressefotos von Bastian Schweinsteiger herbekäme, reichte das bereits aus, um den Jagdtrieb einer bayerischen Zecke zu wecken, die wie ferngesteuert Schweini biss und ihn so mit einer hartnäckigen Knieentzündung versorgte – Folge: Der FC Bayern vermasselte die Meisterschaft.

Es gibt mittlerweile sogar ernste Anzeichen für eine pandemische Ausweitung des Frankenfluchs auf nichtsportliche Bereiche: Den seit Januar spurlos verschwundenen Schriftsteller Michael Rudolf hat er nämlich auch interviewt. In diesem Fall gäbe es sogar ein Motiv: Im November 2006 verfasste Rudolf eine scharfe Polemik gegen die Franken (wie zuvor allerdings auch gegen alle anderen deutschen Volksstämme).

Bald kommt übrigens Dirk Nowitzki nach Hamburg. Ich Naivling wies den Franken heute – trotz der geschilderten Ereignisse – auf die riesengroße Chance hin, den Weltstar zu interviewen. Doch er hat nur komisch geguckt.

Der Franke könnte mit Sicherheit reich damit werden, sich von bisher verschont gebliebenen Sportlern fürs Nichtinterviewen bezahlen zu lassen. Mal sehen, wann er selbst auf diese Idee kommt.

15 Mai 2007

Du Denkschnecke! (2)

Im Juli vergangenen Jahres versuchte ich an dieser Stelle, dem unübersehbar artikulationsschwachen Fußballer Zinedine Zidane ein Ensemble kreativer Beleidigungen an die Hand zu geben, die ihm ein für alle Mal die Peinlichkeit einer stets unfein wirkenden rein körperlichen Aktion ersparen sollten.

Bisher tat sich der feine Herr Zidane allerdings nicht als gelehriger Schüler hervor. Zizou schweigt. Offenbar gebraucht er seinen Kopf überhaupt nicht mehr, nicht mal zum Zustoßen.

Die wahrscheinlichste Erklärung: Er wartet immer noch auf bessere Vorschläge von mir und Kramer. Zum Glück wurde seither in der Tat wieder einiges zwischen uns ausgetauscht, was derart viel zur beiderseitigen Stressabfuhr beitrug, dass keiner von uns dem anderen an die Gurgel gehen musste.

Eigenartigerweise löscht Kramer aus seinen Beleidigungsmail übrigens nie seine Standardsignatur. Deshalb erhalte ich beispielsweise Schreiben folgenden Inhalts:

Du geistiges Scharmützel!

Viele Grüße

Kramer


Doch das nur nebenbei. Hier kommt nun ein komprimiertes Kompilat von Beleidigungen, für Zinedine Zidane zur gefälligen Verwendung – und natürlich auch to whom it may concern:

Kramer: Kettenölpascha!
Matt: Prallsack! Du Nanodenker!
Kramer: Sofalümmel!
Matt: Du Mopped!
Kramer: Klosteingourmet!
Matt: Wampenwölber!
Kramer: Bitchtitsblondine!
Matt: Tröpfelsitzer!
Kramer: BVB-Bumsbirne!
Matt: Sonnenbrillentussi!
Kramer: Milbenmobber!
Matt: Siffasyl!
Kramer: Du Röber!!! Du Metzelder! Du … du … du ……… Kehl!!!
Matt: Molluske!
Kramer: Freak!
Matt: Hirnsedierter Rumpeldenker!
Kramer: Fummeltriene!
Matt: Neandertalerkarikatur!
Kramer: Lachslutscher!
Matt: Intelligenzabzugshaube!
Kramer: Du Tankwart!
Matt: Bartstoppelsimulant! Du Glücksfalldenker!
Kramer: Bleistiftlutscher!
Matt: Klopapiereinsparer!
Kramer: Pinkelpause!
Matt: Sind dir jetzt alle Restsynapsen durchgebrannt, du Hirnzellenmissbraucher?
Kramer: Sprachaufrechterhalter!
Matt: Großstadthinterwäldler! Wirrling!
Kramer: Arschmondgesicht!
Matt: Du SloMo sapiens!

Wie einst im Juli lässt sich das alles hier praktisch nicht bebildern, weshalb ich mir erneut die Freiheit irgendeines Fotos nehme. Es zeigt Blumenbuchstabenreihen im Park an der Helgoländer Allee, aus denen ich aus irgendeiner dunklen Motivation heraus meine Initialen collagiert habe. Dr. Freud, übernehmen Sie (noch mal)!

12 Mai 2007

Wer darf zu St. Pauli gegen Dresden? Ich nicht.

Seit Tagen schon kreisen die Gedanken des Franken nicht mehr um die üblichen Frankenthemen (Essen, Schmerzen in der Schulter, FC Bayern), sondern um etwas viel Allgemeingültigeres.

Er hat nämlich etwas, das 50 000 andere Hamburger auch gern hätten, inklusive mir: Karten für das letzte Heimspiel des FC St. Pauli am 25. Mai gegen Dresden.

Der Franke besitzt sogar volle fünf Stück davon. Seine ganze Frankenfamilie lässt er einfliegen zu diesem entscheidenden Spiel um den Zweitligaaufstieg. Und statt sich bis dahin breit grinsend in Vor- und Schadenfreude zu suhlen, macht er seit Tagen was ganz anderes: Er verfolgt die Schwarzmartkkurse seiner Tickets.

„Die stehen teils schon bei 211 Euro pro Stück!“, teilt er unruhig mit. Ein tiefer Zweifel scheint sich in der Brust des Franken eingenistet zu haben, seine Familie ahnt derweil nichts Böses. „Ja“, gieße ich pflichtgemäß Öl ins Feuer seiner Gier, „das sind über tausend Euro Gesamterlös bei fünf Karten. Und nächste Woche gehen die noch höher. Wirst schon sehen.“

„Vielleicht sollte ich sie wirklich verkaufen“, sinniert er mehr für sich, „und mit den anderen zum Public Viewing gehen.“ Mein Stichwort. „Weißt du eigentlich“, versuche ich ihn besserwisserisch zu nerven, „dass Public Viewing übersetzt ,öffentliche Leichenschau' heißt? Die doofe Fifa wollte zur WM wohl weltläufig wirken und hat das nicht gerafft. Und seither gibt es öffentliche Leichenschauen auf Großbildleinwänden, und keiner merkt’s.“

Der Franke, zwar emotional gefangen im Wägen all seiner merkantilen Möglichkeiten, steigt komischerweise auf diesen Themenwechsel ein. „Passt ja wenigstens zur Brisanz des Spiels“, sagt er, „es geht schließlich gegen Dresden, und auf dem Heiliggeistfeld kann die Polizei die Fangruppen nicht ordentlich trennen.“

„Man müsste zum Public Viewing eigentlich auch Body Bags mitnehmen, also Leichensäcke“, ergänze ich. „Wäre ja nur konsequent.“

„Habe ich dir schon erzählt, für wieviel die Karten inzwischen auf Ebay gehandelt werden?“, sagt der Franke und stiert wieder auf den Bildschirm. Ja, hat er, vor zwei Minuten. Und gestern.

Ende März war übrigens mal kurz davon die Rede, mir eins der Tickets zum Selbstkostenpreis zu verkaufen, sofern Schwager oder Schwester doch nicht kommen könnten. Ganz allmählich aber beschleicht mich das Gefühl, ich sollte mir das lieber abschminken.

„211 Euro“, sagt der Franken mehr zu sich, aber da bin ich schon halb aus dem Zimmer. Mir bleibt wohl nur die öffentliche Leichenschau.

Doofe Fifa.

29 März 2007

Peng, du bist blöd!

Einst schoss er scharf in Wimbledon, inzwischen kämpft Ex-Tennisstar Michael Stich mit allen verfügbaren Waffen gegen Aids.

Ein Plakat seiner neuen Kampagne zeigt das abgebildete Motiv: Einem nackten Mann wächst statt des besten Stücks eine Pis(s)tole aus dem Bauch, vor ihm kniet eine halbnackte Frau und hat die Wumme im Mund. Daneben steht: „Zwischen Leben und Tod liegen nur 0,003 mm Latex.“

Wie
aber eine hauchdünne Gummischicht, welche der Pistole eventuell übergezogen ist (das kann man nicht erkennen), jene Kugel aufhalten soll, die Madames Daumen unzweifelhaft in der nächsten Sekunde abfeuern wird, das weiß nur der Stich.

Metaphern, soviel ist sicher, sind Glückssache.