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25 Juni 2011

Fluchtreflexe, wie jedes Jahr



Eigentlich wollen wir St. Paulianer auch in den kommenden acht Tagen lediglich das tun, wonach wir das ganze Jahr über friedvoll streben: uns behaglich dem neuen Wohnkult auf dem Kiez hingeben. Doch daraus wird nichts. Definitiv nicht.

An diesem Wochenende nämlich rollt ein sonischer Tsunami namens Harley Days röchelnd und öttelnd über uns hinweg, und kommende Woche erfüllt die terroristische Hossa-Hamas ebenso zuverlässig diese Aufgabe, und zwar im Rahmen einer Veranstaltung namens Schlagermove.

Heute las ich übrigens, Osama bin Laden habe erwogen, seine Al-Qaida umzubenennen, wegen ihres „schlechten Images“. Den von mir erfundenen Namen Hossa-Hamas hätte ich ihm aber, falls er mich um Rat gefragt hätte, nicht guten Gewissens als Alternative angeraten; damit wäre das Al-Qaida-Image nämlich keinesfalls aufzupolieren gewesen.

Doch zurück zum Text: Immer, wenn ich zu Ms. Columbo wieder mal „Wie bitte?“ sagen oder die DVD zurückspulen muss, weil der entscheidende Moment, als der Name des Mörders fiel, von einem Zweitakter (= Harley) oder Zweizeller (= Schlagermoveteilnehmer) übertönt wurde, fantasiere ich kurzzeitig von einer festinstallierten Panzerfaust auf dem Balkongeländer. Dabei bin ich Kriegsdienstverweigerer.

Im Ibis-Hotel um die Ecke übrigens stiegen die Preise für ein Doppelzimmer im Verlauf der Woche um rund 50 Euro. Das spiegelt eine Nachfrageentwicklung wider, die sich reziprok proportional zu unseren Fluchtreflexen verhält.

Daraus, legte ich heute Ms. Columbo dar, sollten wir ein Geschäft machen. Das Vermieten unserer zentralst gelegenen Kiezwohnung an Höllenwochenenden müsste, wenn man die Ibis-Maßstäbe zugrundelegt, mehr bringen, als ein zweitägiges Exil an der Ostsee kosten dürfte.

Doch was würden wohl Harley-Hirnis und „Griechischer Wein“-Gröler mit unserer Bude anstellen …?

Na ja, wahrscheinlich gar nichts.

So lange sie dieses Blog nicht kennen.

23 Juni 2008

Flucht ans Meer

Also eins ist ja wohl mal klar: Solange Hamburg zuverlässig einmal im Jahr von zehntausenden Bräsköppen auf Motorrädern heimgesucht wird, die zwei Tage lang nix anderes tun, als monoton knatternd über den Kiez zu ötteln, solange sind die Benzinpreise ja wohl noch immer nicht hoch genug, und zwar bei weitem nicht.

Wir flohen heute jedenfalls vor den Hamburger Harley Days an den Travemündener Strand, wo sich das Maritimhotel tapfer
reckte Richtung Wolkenberge, die ihre nasse Last aber freundlicherweise bei sich behielten.

Der einzige Makel dieses perfekten Tages war ein Plakat an einem Laternenpfahl vorm Bahnhof. Es warb für die Hamburger Harley Days.

Aber wenigstens in aller Stille.

05 Juli 2008

Im Kampf mit Zombieanwärtern

Ich komme nicht mehr nach Hause, der Weg ist versperrt. Mit Fahrrad und Sporttasche stehe ich eingangs der Reeperbahn (Pfeil oben rechts) ratlos vor abertausenden Irren in Schlaghosen, die einer Parade von Mottowagen zuprosten.

Aus den Wagen explodiert unsagbarer Schallterror, es lassen sich Wortfetzen wie „Mendocino“ identifizieren. Schlagermove! Das ist etwa so, als nähme man die Harley Days, potenzierte sie, verdoppelte das Ergebnis und wäre nicht mal nah dran.

Es ist Nachmittag, noch haben sich diese Leute nicht restlos weggeballert, noch können sie stehen, gehen und grölen, auch wenn sie bereits hunderte von Flaschen zertrümmert haben und bisweilen mit Chihuahuasandälchen durch die Scherben waten.

Diese brodelnde Wand aus inszenierter und längst komplett ironieloser Euphorie muss ich durchbrechen, denn ich komme vom Training, bin knülle und will nix weiter als nach Hause. Doch wie? Ich entschließe mich zur Methode Bulldozer: Rein ins Getümmel und stur Kurs halten.

Rechts ramme ich einem rosahemdigen Typen mit sombrerogroßer Gimmicksonnenbrille ein Pedal ins Kniegelenk, links bekommt eine Blondine, die aussieht wie Miss Piggy auf Speed, meinen Lenker in die Rippen. Doch alles nützt nichts, ich komme kaum vorwärts.

Selbst wenn ich vorstieße bis zur Straße, gälte es immer noch die „Mendocino“-brüllenden Mottowagen zu überwinden, und es gibt Dinge, die kann ein einzelner Mann mit Sporttasche nicht schaffen, dafür bräuchte er schon eine Bazooka. Was also tun?

Erst nach längerem Grübeln fällt mir die Lösung ein: Ich muss runter zur U-Bahn und durch den gegenüberliegenden Ausgang wieder raus. So kann ich die massierten feindlichen Linien subterran austricksen. Also wieder zurück und durch rammdösig grinsende Papierschlangenträger mit ausgeprägter Unlust, den Weg frei zu machen, hindurch zur Treppe.

Wie ich mich durch den übervölkerten U-Bahnhof kämpfe, wie lange es dauert und wie viele „Hossa!“ kreischende Zombieanwärter mir flaschenschlenkernd entschieden zu nahe kommen: Schwamm drüber. Es funktioniert jedenfalls, erschöpft rette ich mich in Ms. Columbos Arme.

„Was sind das bloß für Menschen?“, stöhne ich rhetorisch.
„Wahrscheinlich sind welche dabei, von denen man es nie gedacht hätte“, sagt sie.
„Ja, wie bei Serienkillern“, antworte ich.
Er hat immer so nett gegrüßt“, zitiert Ms. Columbo einschlägige Zeugenaussagen.
„Genau“, bestätige ich, „und heute torkelt er mit pinker Perücke besoffen über die Reeperbahn und brüllt beim schniedelschwingenden Wildpinkeln humpahumpatäterä. Man kann einfach nicht reinschauen in die Menschen.“

Gerade als ich das hier schreibe, schält sich ein einzelner Laut aus dem noch immer durch die offene Balkontür hereinbrandenden Schallterror aus Schreien, scheußlicher Musik und Polizeisirenen. Es ist ein Rülpser. Er bringt alles auf den Punkt.

Wie gern tauschte ich ihn ein gegen das sonore Geöttel einer Harley Davidson
.

12 Mai 2017

Der Mondpreiseffekt des ESC

Der deutsche Schauplatz des Eurovision Song Contest ist ja, wie Sie auch als Nichthamburger sicherlich wissen, der Spielbudenplatz hier auf St. Pauli, direkt an der Reeperbahn. Uns trennt genau eine Häuserzeile vom Ort des Geschehens, und bei geöffneter Balkontür bekämen wir – wie schon mehrfach mitgeteilt – auch ohne Fernsehton alles mit. 

Diese Veranstaltung erreicht zwar zugegebenermaßen nicht ganz die Vergrätzungskraft der Harley Days oder gar des Schlagermove, doch sie löst hier im Viertel reflexhaft einen ähnlichen Impuls aus – nämlich den fraglichen Abend (also diesen Samstag) lieber ganz woanders zu verbringen, zum Beispiel auf einer Almhütte oder der internationalen Raumstation.

Angesichts solcher instinktiv richtigen Fluchtreflexe umso unfasslicher ist allerdings die Tatsache, dass es anscheinend Menschen gibt, die den Kiez nicht nur nicht weiträumig meiden, sondern an diesem Wochenende wegen des ESC sogar gezielt anreisen. Die extra hierher kommen, nach St. Pauli, nur wegen des Eurovison Song Contest. 

Und das scheinen sogar erfahrungsgemäß nicht wenige zu sein – wie sonst wäre die auf dem Foto dokumentierte Mondbepreisung des Ibis-Hotels bei uns um die Ecke zu erklären? Dort rechnet die Geschäftsführung mit einem deutlich erhöhtem Gästeaufkommen – und lässt deshalb den Doppelzimmerpreis an diesem Wochenende auf sagenhafte 209 Euro explodieren. 

Zweihundertneun Euro! Dabei hat diese Absteige Etagenbetten! Sie ist mehr Jugendherberge als Vier Jahreszeiten! Und wenn schon nicht die Veranstaltung als solche, so sollte doch derlei leicht durchschaubare Melk- und Ausquetschabsicht auch den gutmütigsten Eurodancetolerierer sofort von einer Anreise Abstand nehmen lassen.

Andererseits … Möchten Sie stattdessen vielleicht lieber bei uns übernachten? Ab 666 Euro würden wir mit uns reden lassen. 

(Wobei ich Ms. Columbo über diese Offerte noch gar nicht informiert habe; da bleibt also ein Restrisiko.)



27 Juni 2015

Unterm Joch der Bikebanditen


Ja, ja, ich weiß, was Sie jetzt denken. Es liegt ja auch nahe.
Sie denken, die hier abgebildeten Spuren in unserem Hauseingang wären das Ergebnis eines exemplarischen „Gesprächs“, das die Hausgemeinschaft mit einem Teilnehmer der momentan auf St. Pauli tobenden Harley Days geführt hat.

Doch dem ist nicht so. Wir sahen dem Ganzen relativ gelassen entgegen – nämlich mit großem Vertrauen auf die Prognosen von Kachelmann & Co. und damit auf eine meteorologische Lösung des Problems.

Doch wo, Wettergott, bleiben eigentlich die  gestern von allen seriösen Diensten avisierten apokalyptischen Wolkenbrüche, die den hier rauf und runter marodierenden Bikebanditen, Zweitaktzombies, Chromtanktaliban, Bandanablödianen, Chopperschimpansen und Nietenlederlumpen mal ordentlich gezeigt hätten, wo ein rasender Thor die Blitze herholt? Wo?

Zurück zu den Spuren im Hauseingang. Ich kenne ihre Ursache gar nicht. Doch anhand der Verfärbungen im Lauf des Trocknungsprozesses tippe ich Hobbyforensiker weniger auf eine einschlägige Körperflüssigkeit als auf einen leckenden Tetrapak Kirschsaft.


Aber vielleicht kommt im Lauf des Wochenendes ja doch noch etwas hinzu, was dem optisch ähnelt und Ihren spontanen Vermutungen von oben eher entspricht. 


Ich bespreche mich mal eben mit der Hausgemeinschaft.



16 Juli 2016

Dann lieber Todeszone

Neulich stieß ich auf eine super Argumentation, weshalb die Zweiradapokalypse namens Harley Days für uns St. Paulianer erträglicher sei als der Schlagermove. 

Sie ging ungefähr so: Während Motorräder zugegebenermaßen enervierend laut durchs Viertel öttelten, benähme sich der Rest des Ensembles – also die Leute, die draufsitzen – vergleichweise gesittet. 

Beim Schlagermove hingegen sei die Lautstärke – also so was wie „HOSSA!“ mit der Dezibelzahl einer startenden Northrop Black Widow in fünf Meter Entfernung – leider nur eins der Probleme, und nicht das drängendste.

Neben den Augenkrebs verursachenden ästhetischen Begleiterscheinungen dieser in der Verbrechensgeschichte der Menschheit beispiellosen Veranstaltung bietet sie nämlich eine weitere Eigentümlichkeit, die zweifellos alle anderen Unzumutbarkeiten bei Weitem überbrifft.

Teilnehmer des Schlagermoves neigen nämlich kollektiv dazu, sämtliche verfügbaren Körperöffnungen als jederzeit aktivierbare Auswurfvorrichtungen fehlzudeuten. Und an Körperöffnungen, meine Damen und Herren, gibt es einige; da machen sich anatomisch Minderbewanderte, also Nicht-St.-Paulianer, kaum eine Vorstellung von.

Man könnte natürlich sagen: Passt doch inhaltlich perfekt zu dem, was beim Schlagermove den lieben langen Tag aus den Lautsprechern kommt. In Teilen stimme ich dem auch zu, doch während der sonische Auswurf in jenem Moment St. Pauli verlässt, in dem die Mottowagen ihre Stecker ziehen, kontaminiert der biologische erfahrungsgemäß noch tagelang unsere Gehwege, Grünflächen und Hauswände.

Optisch und olfaktorisch macht das unseren Stadtteil erst mal unbewohnbar. In der Todeszone von Tschernobyl ist es – was das angeht – zweifellos angenehmer.

Apropos: Bietet jemand vielleicht zufällig noch heute eine Mitfahrgelegenheit in die Ukraine? Kontaktdaten bitte in den Kommentaren. Wir zahlen gut! 

PS: Vor Jahren habe ich die beiden zweifellos von Psychopathenhirnen erfundenen Veranstaltungen aus der Vorhölle gemeinsam mit Ms. Columbo schon einmal gegeneinander abgewogen, bin also letztlich zu meiner eigenen Überraschung selbst der Urheber der oben geschilderten Argumentation. Den Beweis finden Sie hier.   






24 Juni 2012

Überall ist es schlechter, wo wir nicht sind



Hamburg sollte uns wirklich dafür bezahlen, dass wir die Stadt nicht verlassen. Denn bereits mehrfach, wenn wir das taten, passierte irgendetwas, das besser nicht geschehen wäre – oder dem man besser fernbleiben sollte, was wir ja auch in intuitiver Voraussicht manchmal tun.

Zum Beispiel schlug mal der Blitz in unser Haus ein, als wir gerade auf der Ostsee herumschipperten. Statt wie unsere Nachbarn im Nachthemd, Regen und Blaulicht zitternd auf dem Bürgersteig vorm Haus herumzustehen, flanierten wir elegisch durch St. Petersburg. Die weitaus bessere Wahl.

Das gilt seit neuestem auch für dieses Wochenende, welches wir in Wolfsburg (Foto) statt in Hamburg verbringen. Nicht nur, dass wir so wie durch ein Wunder dem Horror der Harley Days entgehen, nein, auch die am Samstagnachmittag in der Großen Freiheit entdeckte Weltkriegsbombe, von der uns die segensreiche App „Katwarn“ per SMS warnte, tangierte uns buchstäblich nur peripher.

Kurz überlegte ich, was alles verlorenginge, wenn der Kiez komplettemang in die Luft flöge, während wir in Wolfsburg weilten – und merkte: Alles Wichtige ist sicherheitskopiert. Und das Materielle – CD-Sammlung, Plasmafernseher, Benjaminus, Weinklimaschrank – wäre zu ersetzen. Außer der letzten verbliebenen Flasche Chateau D’Yquem natürlich.

Ein guter Grund, schnellstmöglich nach Hamburg zurückzukehren. Denn wie gesagt: Wenn wir dort sind, passiert ja nichts. Außer manchmal der Schlagermove, wogegen eine Weltkriegsbombe übrigens nur Pipifax ist.

29 Juni 2013

Pest und Cholera

Noch nie war der Kiez derart vollgepflastert mit Dixiklos wie seit heute Morgen – eine verzweifelte Maßnahme gegen die dank Schlagermove stets explodierende Zahl der Wildpinkler, die unseren Stadtteil jährlich in eine noch größere Kloake verwandeln als sowieso üblich.

Der Effekt ist denn auch sofort deutlich spürbar: Die Hossahamas muss dank der von den Dixiklos verstellten Flächen deutlich länger suchen, bis sie eine freie Hauswand oder Einfahrt zum Wildbepinkeln gefunden hat. Schafft sie aber dann doch (siehe Foto). Denn auch nach der Inhalation von „Blau, blau, blau blüht der Enzian“ scheint das Resthirn dieser Schunkeldschihadisten zumindest die elementaren Körperfunktionen noch so steuern zu können, dass ihre öffentliche Sichtbarkeit sichergestellt ist.

Mit Ms. Columbo diskutiere ich, was weniger schlimmer für St. Pauli ist: Harley Days oder Schlagermove. Wer verliert, muss die Veranstaltung für nächstes Jahr absagen. Oder sagen wir bis 2030. Um das wissenschaftlich sauber zu ermitteln, arbeiten wir gemeinsam eine Liste ab.

Pinkeltechnisch ist die Sache schon mal klar: Hier punkten die Harleyhirnis. Anscheinend suchen sie bei aufkommender Notdurft entweder wirklich öffentliche Toiletten auf, oder sie tragen ordnungsgemäß Urinale unter der Kluft. Denkbar ist auch wasserdichtes Schuhwerk; das würde jedenfalls erklären, warum viele Mitglieder dieser Hubraumhisbollah ihre Lederhosen in die Stiefel stecken.

Jedenfalls gehen die Zweiradzombies erst mal 1:0 in Führung. Olfaktorisch allerdings kacken sie schwer ab. Klar, die Kornfeldkamarilla beginnt zwar im Verlauf der Veranstaltung immer unerträglicher zu müffeln, doch die Bikes haben einfach den erheblich größeren Dunstkreis. Zwischenstand also 1:1.

Kommen wir zur Schallentwicklung. Was ist nervenzerrüttender, fragen wir uns: der kakofonische 170-db-Dauerpegel der „Schmidtchen Schleicher“-Schnulzensalafisten oder das rhythmische Brüllen der Motorradmarodeure? Schweren Herzens muss ich zugeben: Letzteres. Und das bedeutet die vorläufige 2:1-Führung für die „Anita“-Al-Kaida.

Letzter Punkt unserer Liste: die Ästhetik. Die „Mendocino“-Amöben setzten auf grüne Polyesterperücken, Sonnenbrillen in Herzchenform und bis in den Schritt ihrer pinken Schlaghosen hinunterlappende Plastikblumenhalsketten, während die ergrauten PS-Pestbeulen auf den Liebreiz von Jeansjackentattoos und meterbreiten Nietengürteln über den Frührentnerwampen vertrauen. Und damit fügen die Auspuffpissnelken den Augen unschuldiger Opfer doch etwas weniger Schaden zu als die „Guildo hat euch lieb“-Guerilla.

Das Ergebnis ist also ein klares 2:2. Was laut selbsterlassenem Regelwerk bedeutet: Wir müssen bis auf weiteres beide Veranstaltungen ausfallen lassen. Tja.

26 Juni 2010

Zwischen Hölle und Meyer



Der Teufel hat die Hölle umbenannt.

„Hinfort“, sprach der Blödmann, „sollst du, Hölle, auf einen neuen Namen hören, und er sei Harley Days.“ Leider bekam die Direktive keiner mit, wegen des Lärms.

Ich habe übrigens unwiderlegbare Beweise dafür, dass viele Harleyfahrer dieses Blog lesen – und abgrundtief hassen. Sonst würden sie wohl kaum ausgerechnet unter unserem Balkon, den sie unablässig unterqueren, jeweils im Leerlauf den Motor aufheulen lassen.

Das klingt wie Tarzan mit Stirnhöhlenkatarrh, was die breitärschigen, wehrmachtshelmbedeckten Bart- und Kuttenclowns aber (natürlich) nicht zu kümmern scheint.

Viel besser hingegen klingt Felix Meyer, ein Straßensänger, der so gut ist, dass er jetzt einen Plattenvertrag bekommen hat, und womit? Mit Warner.

Und Recht.


PS: Am Montagabend um 21.30 Uhr spielt er im Grünen Jäger auf St. Pauli. Und bestimmt ist er nach dem Fußballspiel auch noch dort. Wie ich.


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27 Juni 2010

Der Achtelfinaltag



Es lag nicht nur an der grauenerregenden Kombination Halbmarathon und Harley Days, dass wir heute morgen den chaotischen Kiez gen Blankenese verließen; es war auch eine Art Übersprungshandlung, um die Spannung vor dem Achtelfinale gegen England irgendwie in den Griff zu kriegen.

Zum Spiel tuckerten wir dann nachmittags per Fähre (Foto) wieder zurück bis zum Fischmarkt – anders als der hypernervöse Franke, der frühmorgens in die Einsamkeit des Alten Landes geflohen war, um sich dort den lieben langen Tag fahrig lesend an einen Teich zu legen.

Ich wusste ja, dass dieser Typ schräg ist, aber sooo schräg …?

Nach einem gloriosen 4:1 ist der Besuch des Fanfestes auf dem Heiligengeistfeld besonders erhebend und unbedingt zu empfehlen – vor allem wegen des önologisch gut sortierten Italienstandes.

Der Weinhändler dort vertritt die paradoxe, aber äußerst charmante These, man müsse unbedingt noch vor dem Leberschaden alle Weingenüsse der Welt erlebt haben; denn wenn man ihn einmal hätte, den Leberschaden, dann dürfe man ja nicht mehr ran an die feinen Tropfen.

Ich habe selten etwas Überzeugenderes gehört in meinem ganzen Leben.

19 August 2007

Meditieren auf der Reeperbahn

Mehrfach jährlich herrscht hier auf dem Kiez die sonische Hölle. Zum Beispiel beim Schlagermove („Fiesta Mexicana“-grölende Kampftrinker in Schlaghosen), dem Christopher-Street-Day (Tunten in Tüll und Karnevalsklamotten) oder den Harley Days (rollende Bierbäuche mit applizierten Graubärten).

Müsste ich mich entscheiden, welchen dieser empörenderweise sogar polizeiunterstützten Terrorakte ich zum Teufel wünschen sollte, so fiele mir das leicht: alle drei.

Außerdem gibt es hier noch ein Radrennen, die CyClassics. Auch das führt zu Lärmentwicklung. Denn tausende von Menschen stehen gewöhnlich an der Strecke und nerven akustisch die schutzlosen Fahrer.

Doch dank der Tour de France war heute alles anders. Zwar rauschte das Fahrerfeld zig-mal über die Reeperbahn, nur stand da kaum jemand rum. Radelnde Chemiedepots? Braucht wohl keiner mehr.

Weil aber natürlich trotzdem alles für den Autoverkehr gesperrt war, herrschte heute auf dem Kiez plötzlich eine himmlische Ruhe. Dafür danke ich Leuten wie Ullrich, Fuentes und Sinkewitz von Herzen. Bitte immer weiterspritzen, ja?

Natürlich nutzte ich auch die unverhoffte Chance, mich mal mitten auf die verwaiste Reeperbahn zu stellen und diese sonst tagtäglich so gequälte Straße einmal im verträumten Dämmerzustand zu fotografieren.

Ein bisschen war’s wie meditieren. Ommm.

12 Juli 2009

Der Schlagermove ist überall

Dank einer Wochenendreise verpassten wir zuletzt schon die Harley Days, und jetzt entgeht uns aus dem gleichen Grund auch noch der Schlagermove – was sind wir bloß für Menschen …!

Bevor der Kiez von Myriaden sich die Kante gebender Halbirrer mit strassbesetzten Riesensonnenbrillen in Herzform und rosa Minipliperücken heimgesucht wird (der sog. „Hossa-Hamas“), müssen penible Vorbereitungen getroffen werden – ähnlich wie im Film „Mars Attacks!“.

Wir leben nicht im Erdgeschoss, das Verrammeln von Fenstern entfällt daher. Die Fahrräder aber werden hochgeholt, und hätten wir einen Vorgarten, wir brächten auch ihn in Sicherheit.

Trotz aller Präventionsmaßnahmen fahren wir nur halbwegs beruhigt nach Marburg. Dort allerdings geraten wir in etwas Schlagermoveadäquates: das Stadtfest namens „3TM“ („3 Tage Marburg“). Halb Hessen ist hier, und die meisten sind 20 Jahre jünger als wir.

Das alles aber wird mühelos aufgewogen durch die Film-noir-hafte Lage und Ausstattung unseres Hotels. Nichts in unserem Zimmer und Bad ist jünger als 40 Jahre, der Drehregler für die Klobelüftung unterliegt mit Sicherheit dem gleichen Denkmalschutz wie die Fachwerkhäuser in der Oberstadt, und über die Leuchtreklame vor unserem Fenster (Foto) hätte James Cagney Tränen der Rührung geweint.

Hoffentlich kann ich trotzdem schlafen wie Bogart in „The big Sleep“. (Ähm, hat er überhaupt je geschlafen in irgendeinem Film?)

04 Juli 2014

Eine Mail aus der Hölle

AN: Kundenzentrum-StPauli@hamburg-mitte.hamburg.de

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,

ich maile Ihnen aus der Hölle: St. Pauli.

Seit Wochen jagt eine Großveranstaltung die nächste. Sie machen unsere Wochenenden unerträglich, eins nach dem anderen. Erst Motorradgottesdienst, dann Schlagermove, nun drei Tage lang Harley Days. 


Wie ist es möglich, dass z. B. schwere Motorräder offenbar keinerlei Lärmemissionsgrenzen einhalten müssen? Seit heute morgen donnern sie durch unsere Wohnstraße, und das wird bis Sonntag so weiter gehen.

Wie soll man es im Sommer in St. Pauli überhaupt noch aushalten? Wie kann es sein, dass die Stadt Hamburg durch Genehmigungen allsommerlich praktisch die Unbewohnbarkeit eines ganzen Stadtviertels fördert, das als Amüsierviertel eh schon ganzjährig außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt ist?

Für eine Antwort danke ich Ihnen schon vorab. Und fordere hiermit ausdrücklich eine Änderung dieser Politik, im Sinne der Gesundheit aller St. Paulianer.

Mit freundlichen Grüßen
Matt

29 September 2006

Unter Weltrevolutionären

Ein Paket auf der Post abzuholen, ist für mich ein Klacks; schließlich residiert die nicht unumstrittene Filiale in Sichtweite unserer Wohnung. Angebote wie die sogenannte Packstation (Eigenwerbung: „Ihr neuer Immer-Offen-Paketschalter“) kommen mir daher so nützlich vor wie einem Eskimo Schneekanonen – zumal diese Stationen zur Störrischkeit neigen sollen.

Am letzten Werktag des Monats gerät der Besuch meiner Postfiliale allerdings stets aufwendig. Wie heute. Als ich gegen 14 Uhr vorm Gebäude eintreffe, wächst ihm eine Menschenschlange aus der Tür, als gäbe es dort etwas umsonst. Und das ist ja auch so, denn Hamburgs Hartz-IV-Armee erhält heute ihren jämmerlichen Monatsobolus.

Ich mache kehrt und versuche es eine Stunde später noch einmal. Mir präsentiert sich allerdings das gleiche Bild, und das wird heute wohl nicht mehr anders werden. Seufzend stelle ich mich also hinten an und bin unversehens Bestandteil des Subproletariats – jenes Menschenschlags also, dem Karl Marx einst die Weltrevolution zutraute und den Wladímir Iljítsch Uljánow alias Lenin noch lange irrtümlich als geschichtliche Avantgarde pries.

Von Wehrhaftigkeit und Wut, von umstürzlerischem Eifer gegen Diedaoben ist indes nichts zu spüren. Man will seine paar Kröten, und gut is. Der Verwendungszweck der letzten Auszahlung ist manchem Schlangensteher deutlich anzumerken; ein Typ mit Deutschlandmütze zum Beispiel liefert eine rein körperliche Neudefinition des Wortes „Schwankungsbreite“.

Gut, dass überall herumstehende Aufsteller („Tagesgeldkonto mit 3 Prozent Verzinsung! Kostenloses Girokonto bei einem ständigen Guthaben von mindestens 1200 Euro!“) einen gewissen Halt offerieren, den Mütze gern annimmt.

Jetzt kommt ein Kumpel von ihm raus, der sein Geld schon hat. „So’n Schiet“, lallt Mütze ihn an, „hier schdehdmanja ne ganse Schdunde!“ Sein Kumpel sieht aus, wie man nur auf dem Kiez aussehen kann, ohne sich der Gefahr sozialer Ächtung ausgesetzt zu sehen, und dafür liebe ich den Kiez. Er ist vielleicht Mitte 50, aber ausstaffiert wie ein 30-jähriger Mix aus Harley-Davidson-Freak, Lude und Späthippie: Jeansanzug, graue Strähnen bis zum Schlüsselbein, ein Bart wie DJ-Ötzi, schwarzgepunktete Bandana um den Kopf mit fünf Buttons dran, dazu eine lila Brille mit gelben Bügeln.

„Haldie Schdellung!“, muntert der bunte Vogel Mütze auf, den diese Kommunikation sichtbar anstrengt, weshalb er seinen hageren Körper matt gegen den Türrahmen sacken lässt. Ansonsten herrscht Stille in der Schlange. Es ist die fade Stille der Resignation und Duldsamkeit. Nur die Hoffnung ist ja eine Plappertasche, und die lebt hier schon lang nicht mehr.

Quälend langsam schiebt sich die Schlange in den Schlund der Postfiliale. Mütze wankt und schwankt, nach rechts muss er sich jetzt abstützen und rutscht mit dem Ellenbogen in ein knapp meterhohes Drahtgestell mit Notizblöcken und Timern drin. Rumms macht es, er zerdellt einen Spiralblock, schafft es aber, den aufrechten Stand halbwegs wieder herzustellen, ohne dem Interieur der Postfiliale größeren Schaden zuzufügen.

Am Schalter schließlich stützt er sich mit beiden Armen auf, seine Nase ist nur Zentimeter entfernt von den Scheinen, die ihm der Postmann hinblättert. „Dangesch’n“, sagt Mütze artig, „n schönes Woch’nnde.“ Und dann wankt er fast unfallfrei hinaus.

Das Schwarzrotgelb auf seinem Kopf leuchtet nicht mehr. Es ist verblasst von diesem traumhaften Sommer, der so viele Sonnenstunden hatte wie noch keiner vor ihm.

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Postdienstleistungen
1. „The letter“ von The Box Tops
2. „Telegram Sam“ von T. Rex
3. „Please Mr. postman“ von The Beatles


04 Mai 2006

Die Fundstücke des Tages (17)

1. Mensch, ist das rührend. In einer ebenso dramatischen wie poetischen Mail an seine Fans jammert der sonst so martialische Bassist der Red Hot Chili Peppers, Flea (Foto), über den Unhold, der das neue Album „Stadium Arcadium“ bereits vor Veröffentlichung ins Netz gestellt hat. Und Flea informiert die Anhänger zudem in herzerweichenden Worten über die Folgen, die es für die Band hätte, lüden sie sich das Werk illegal down – man sollte einen Song draus machen:

„ … that will break my heart
it will break john frusciante's heart
it will break anthony kiedis's heart
and it will break the heart of chad smith …“

Vor allem der überraschende Schemawechsel in der letzten Zeile hat Klasse. Und mal ehrlich: Wer beim Lesen dieser Verse kein Taschentuch zückt, der hat sich noch nie in das verletzliche Innerste eines Multimillionärs hineinversetzt. Schämt euch.
2. Wer für die Zeitschrift Freundin bloggt, sollte laut Chefredakteurin Ulrike Zeitlinger angeblich bereit sein, „für erst mal no pay zu committen“. Frau Zeitlinger indes sollte erst mal für viel pay einen Rhetorikkurs joinen und erst danach wieder in public speaken. Got it?
3. Neue Suchabfragen, die zu meinem Blog führten:
„ich blas dir einen“ (Rodenbach, Hessen)

„wichsen mit koks“ (Westhofen, Nordrhein-Westfalen)

„Nackte Frauen - Harley Davidson clubs“ (Wien, Österreich)

„meine ex saugt“ (Merrylands, New South Wales, Australien)

20 Dezember 2005

Der Dienstags-Deal

Das von Nietzsche stammende Motto des literarisch ambitionierten Blogs „Der Club der halbtoten Dichter" lautet: „Alle guten Dinge haben etwas Lässiges und liegen wie Kühe auf der Wiese.“

Das stimmt natürlich sehr, und auch das Gegenteil: Alle schlechten Dinge haben etwas Verkrampftes und stehen wie Rocker hinterm Tresen. Nicht weit von der abgebildeten Postfiliale in der Seilerstraße hat ein Schuster seinen Laden. Er ist tätowiert bis über beide Ohren, trägt Jeansjacke und Bandana, verströmt den Odeur der Harley-Davidson-Generation und hat sicher alle LPs von Steppenwolf im Schrank, aber noch nichts von sinnvollen Öffnungszeiten gehört.

Den Schuh, den ich ihm am Freitagnachmittag zum Reparieren vorbeibrachte, kann ich nämlich quasi gar nicht mehr zeitnah in meinen Besitz bringen. Ich arbeite (in Ottensen) von 9.30 bis 18.30, er hat geöffnet (in St. Pauli) von 10 bis 18 Uhr. Unsere Tagesabläufe sind völlig inkompatibel.

Weil mir das unbewusst war, hatte ich mich dummerweise auf sein Drängen hin verpflichtet, den Schuh heute abzuholen. Der Schuster war schon am Freitag recht muffig, weil ich nur einen Fünfziger dabei hatte und seinem Begehr nach Vorkasse (sechs Euro) nicht entsprechen konnte. Er grummelte, brummelte, sein Bart wackelte unwirsch, doch händigte er mir schließlich nach meiner Zusicherung, den Schuh ganz bestimmt am Dienstag abzuholen, einen blauen Abholzettel aus. Keine Ahnung, warum die Festlegung auf Dienstag für ihn eine Bedeutung hat wie die Roadmap für Palästina. Ich meine: Was will ich mit nur einem Schuh? Natürlich hole ich ihn wieder ab. Wenn nicht Dienstag, dann halt irgendwann.

Doch jetzt das: Ich brach den Dienstags-Deal!

In einer erklärenden und, wie ich finde, bewegenden E-Mail schilderte ich ihm heute den objektiven Grund dafür: die Inkompatibilität unserer Lebensabläufe. Doch ich erntete nur schmollendes Nichts. Was wird jetzt aus meinem Schuh? Wenigstens habe ich ab Donnerstag Urlaub, und wenn der Schuster ihn bis dahin nicht mit unwirsch wackelndem Bart und unter wütendem Abspielen von „Born to be wild“ rituell verbrannt hat, anstatt ihn zu kleben, dann gibt es eine Chance auf Rückgabe. Für sechs Euro.

Nein, besser: Ich schicke morgen Ms. Columbo vorbei; sie hat frei. Bin auf ihren Bericht gespannt.

Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Keep a light in the window“ von J W Alexander, „If I were a carpenter“ von The Four Tops und „Elle et moi“ von Max Berlin.


13 Juli 2008

The pain never stops



Folgende Veranstaltungen, Senat, sollte man künftig an einem einzigen megalomanischen Wochenende zusammenlegen und in einem Rutsch runterfeiern:

Harley Days, Motorradgottesdienst, Hafengeburtstag, Christopher-Street-Day, Schlagermove, Triathlon, Cyclassics, Welt-Astra-Tag und Marathon.

Der brillante Vorschlag kommt von Ms. Columbo; er erfuhr durch mich nur eine leichte Erweiterung. Den insgesamt rund zwei Trilliarden Zuschauern könnte man so nämlich, Senat, für drei Tage im Jahr feierlich den Kiez zur freien Verwüstung Verfügung aushändigen und sich gelassen ins Umland trollen. Genial.

Übrigens strömen diese zwei Trilliarden Menschen nur deswegen herbei aus aller Herren Länder, weil es so unvergleichlich toll ist auf dem Kiez. Und wir, Ms. Columbo und ich, haben das Privileg, das ganze Jahr über hier einfach so rumleben zu dürfen, ohne jeden speziellen Anlass.

Seit ich das erkannt habe, geht’s mir ganz großartig. Ja, ich werde die 35.000 zum Gottesdienst antretenden Zweitakt- und Teilzeitchristen einfach triumphal an- und somit weglächeln.


Sie werden nicht den nanokleinsten Schimmer haben, was das soll, dieses Lächeln.